16. Dezember 2022 - 6:13 / Ausstellung / Literatur 
16. Dezember 2022 23. April 2023

Von der Blüemlisalp über Wilhelm Tell bis zur Teufelsbrücke. Der Schweizer Alpenraum ist reich an Sagen. Einige davon werden nun im Landesmuseum Zürich erzählt.

Wenn Puppen lebendig werden, sich fruchtbare Alpweiden in Stein- und Eiswüsten verwandeln oder eine Frau in Tiergestalt daherkommt, dann sind wir mitten in der Welt der Sagen gelandet. Diese Art von Geschichten wirkt im Gegensatz zu Märchen «wahr», denn Sagen werden stets mit realen Orten verknüpft. Besonders «wahr» scheinen historische Sagen. Darin tauchen vermeintliche oder tatsächliche Gestalten der Geschichte an wirklich existierenden Orten auf. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist Tells Apfelschuss. Die zuerst in der nordischen Sagenwelt auftauchende Geschichte wurde perfekt an die Gegebenheiten der Innerschweiz angepasst und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Bestandteil der Befreiungsbewegung der Urkantone. Wilhelm Tell war ein vielseitig einsetzbarer Held: Mit ihm konnte man die «böse» Obrigkeit an den Pranger stellen, die Notwendigkeit der eigenen Unabhängigkeit aufzeigen oder den Mut zum Widerstand stärken. Später wurde Tell zum Nationalhelden hochstilisiert und seine Armbrust wurde quasi ein Qualitätssiegel für eidgenössische Produkte.

Der Erste, der die Geschichte von Wilhelm Tell schriftlich festhielt, war Hans Schriber. Der Obwaldner Landschreiber verewigte den sagenhaften Helden 1470 im Weissen Buch von Sarnen. Eine andere bekannte Sage wurde rund 250 Jahre später zu Papier gebracht. Der Arzt und Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer publizierte 1707 die Blüemlisalpsage. Ein eitler und verschwenderischer Senn lebt auf seiner fruchtbaren Alp im Überfluss, während die Menschen im Tal hungern. Doch er teilt seinen Reichtum nicht und macht sich sogar über die verzweifelten Talbewohner lustig. Zur Strafe verwandelt sich die blühende Alp in eine Stein- und Eiswüste. Die Sage ist in verschiedenen Variationen im ganzen Alpenraum zu finden und schon Scheuchzer sah darin eine erzieherische Funktion.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt faszinieren Sagen die Menschen bis heute. Und wenn die Schatten länger werden und plötzlich die Gestalt des Teufels annehmen oder der Bergbach grollend und tobend wie ein Drache in die Schlucht stürzt, kann man sich lebhaft vorstellen, warum sich die Menschen früher gefürchtet haben.

Sagen aus den Alpen
16. Dezember 2022 bis 23. April 2023

Landesmuseum Zürich
Museumstrasse 2
CH - 8021 Zürich

W: https://www.landesmuseum.ch

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  •  16. Dezember 2022 23. April 2023 /
Spraybilder zu Alpensagen, Das Sennentunschi, Hans Jörg Leu, 2020  Aus Langeweile und Übermut basteln Älpler eine Puppe. Sie füttern sie mit Käse und Rahm, spielen und schwatzen mit ihr – und missbrauchen sie. Zur Überraschung der Männer wird die Puppe plötzlich lebendig. Sie rächt sich an einem der Sennen, tötet ihn und spannt seine Haut auf das Dach.  © Hans Jörg Leu, Baden
Spraybilder zu Alpensagen, Das Sennentunschi, Hans Jörg Leu, 2020 Aus Langeweile und Übermut basteln Älpler eine Puppe. Sie füttern sie mit Käse und Rahm, spielen und schwatzen mit ihr – und missbrauchen sie. Zur Überraschung der Männer wird die Puppe plötzlich lebendig. Sie rächt sich an einem der Sennen, tötet ihn und spannt seine Haut auf das Dach. © Hans Jörg Leu, Baden
Blick in die Ausstellung  © Schweizerisches Nationalmuseum
Blick in die Ausstellung © Schweizerisches Nationalmuseum
Postkarte, Gruss von der Teufelsbrücke, 1904  Von der Teufelsbrücken-Sage gibt es verschiedene Variationen. So wird in einigen der Geissbock durch einen Hund ersetzt, der mit einem Stück Fleisch über die Brücke gelockt wurde. © Schweizerisches Nationalmuseum
Postkarte, Gruss von der Teufelsbrücke, 1904 Von der Teufelsbrücken-Sage gibt es verschiedene Variationen. So wird in einigen der Geissbock durch einen Hund ersetzt, der mit einem Stück Fleisch über die Brücke gelockt wurde. © Schweizerisches Nationalmuseum