Eine Horde Affen stürmt den Carlone-Saal im Oberen Belvedere. Es sind Hybridwesen mit menschlichen Körperteilen: Monkeys von Rona Pondick ist eine künstlerische Übernahme im barocken Ambiente, die mit Distanz und Nähe der Betrachter:innen spielt. Das Belvedere zeigt die Arbeit in der Reihe "Carlone Contemporary".
Wie Generaldirektorin und Kuratorin Stella Rollig: "Rona Pondick schafft mit Monkeys eine Situation, die uns befremdlich und gleichzeitig sehr vertraut scheint: Wir erkennen uns selbst und das Andere in einem Objekt – dieses Einfangen eines Moments ähnelt in seiner Tiefe und Vielschichtigkeit den barocken Fresken von Carlo Innocenzo Carlone."
Magische Mischwesen, halb Mensch, halb Tier, bevölkern seit der Jahrtausendwende das skulpturale Universum von Rona Pondick. Im Rahmen von "Carlone Contemporary" treten Affen, die mit Abgüssen der Arme und des Kopfes der Künstlerin versehen sind, in die barocke Welt des Belvedere ein – und in einen Dialog mit Ovids Metamorphosen in den barocken Grisaillen. Einige der Tiere wenden sich ihrem menschlichen Gegenüber scheinbar zu, wollen in Kontakt treten – andere suchen Zuflucht in der Gruppe oder wahren Abstand. Anziehung und Abstoßung sowie andere, oft gegensätzliche Impulse und Antriebe bilden den vorherrschenden Eindruck des Werks. Von ägyptischen Sphingen und Gottheiten, griechischen Kentauren über Ovids Metamorphosen bis hin zu Meerjungfrauen in Märchen: Das Thema Chimären fasziniert die Menschen seit jeher. Die Verwandlung von Franz Kafka ist wohl das prominenteste Beispiel der Moderne und dient auch als Inspirationsquelle für Arbeiten Rona Pondicks. Monkeys entstand über mehrere Jahre in einem aufwendigen Herstellungsverfahren.
Übergänge zwischen Mensch und Tier sind nicht mehr sichtbar – für die makellose Ausführung ihrer Skulpturen recherchierte Rona Pondick auch bei alten Meistern. Für ihre Mensch-Tier-Hybride gießt die Künstlerin eigene Gliedmaßen oder ihren Kopf mithilfe von 3-D-Technologie präzise ab, um die Größe der tatsächlichen Körperabformungen zu verringern. Sie verschmilzt diese mit Tierkörpern, die sie vorab händisch modelliert. Auch die präzise Gestaltung der Edelstahloberfläche ist bei Pondick bedeutungsvoll – die Dualität manifestiert sich in der Materialität. Die menschlichen Körperteile sind naturgetreu ausformuliert, die Tierkörper hingegen glatt und fließend. Die Bewegung der Affen und die komplexe Dynamik des Beziehungsgefüges innerhalb der Tiergruppe entfalten eine Sogwirkung auf die Betrachter:innen. Vorbild für diese Werkgruppe waren die barocken Skulpturen von Gian Lorenzo Bernini. Wie bei Bernini scheint auch bei Pondick alles in fließender Bewegung aufgelöst, nur durch Umrunden ist die Arbeit in ihrer Ganzheit erfassbar.
Rona Pondick (geboren 1952, New York) entwickelt seit mehr als vierzig Jahren ein vielseitiges, formal innovatives und emotional berührendes bildhauerisches Œuvre. Ausgehend vom Menschen – seinem Körper und symbolisch aufgeladenen Artefakten wie Betten, Schuhen, Sesseln und Babyfläschchen – hat seit Ende der 1990er-Jahre die Natur in Form von Bäumen und Tieren Einzug in ihre Arbeit gehalten. Symbolische und metaphorische Rezeptionen, die psychologische Schlüsse zu lassen, sind in ihren Werken stets mitgedacht.
Carlone Contemporary
Rona Pondick
Monkeys, 1998–2001
23. September 2023 bis 8. Jänner 2023