Romane Thana. Orte der Roma und Sinti

Die Ausstellung "Romane Thana. Orte der Roma und Sinti" gibt Einblicke in die Lebenssituation von Roma und Sinti in Österreich und erzählt deren Geschichte und Geschichten. Phasen der Zwangsassimilierung wechselten mit solchen der Ausgrenzung. Im Fokus stehen Orte: die seit dem 18. Jahrhundert bestehenden Siedlungen der Burgendland-Roma ebenso wie traditionelle Plätze in Wien oder Zwangsorte der Verfolgung.

Geschätzte 90% der österreichischen Roma wurden in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermordet. Die wenigen Überlebenden standen nach 1945 vor dem Nichts und wurden systematisch benachteiligt. Etliche zogen nach Wien, auch in der Hoffnung, nicht erkennbar zu sein. Der überwiegende Teil der heute in Österreich lebenden Roma und Sinti kam im Zuge von Arbeitsmigration aus Ost- und Südosteuropa (v.a. aus Serbien, Bosnien und dem Kosovo, später auch aus Rumänien, Bulgarien und der Slowakei). Nach wie vor leben viele Angehörige der Minderheiten "im Verborgenen", um Diskriminierungen zu entgehen.

Darstellungen von Roma und Sinti stammten über Jahrhunderte hauptsächlich von Nicht-Roma. Dazu gehören romantisierende Vorstellungen ebenso wie Bilder der Verachtung. Es existieren kaum historische Selbstzeugnisse. Auf diese Weise wurden Stereotypen und Feindbilder festgeschrieben, die letztlich der Legitimation von rassistischer Verfolgung dienten und weiterhin dienen.

Im Mittelpunkt der Schau stehen daher als Gegenperspektiven Beiträge von Menschen aus den Roma- und Sinti-Communities, die ihren Familiengeschichten nachgingen, sich mit ihren Identitäten auseinandersetzten oder für die Ausstellung recherchierten, Videointerviews machten und künstlerische Beiträge lieferten. Solche Geschichten führen zu den Roma-Reinigungskräften im Wiener AKH, erzählen von Pferdehändlern in Floridsdorf und von den Folgen des Attentats von Oberwart, bei dem 1995 vier Roma brutal ermordet worden. Von der schmerzhaften Auseinandersetzung mit dem Holocaust zeugt eine Gruppe von Gemälden von Ceija Stojka, die vom Wien Museum angekauft wurde.

Die Ausstellung stellt sich nicht nur gegen gängige Zuschreibungen, sondern setzt sich auch mit Repräsentation im Museum auseinander. Elf Jahre nach der viel beachteten "Gastarbajteri"-Ausstellung (die seinerzeit von der "Initiative Minderheiten" ans Museum herangetragen wurde), geht es auch dieses Mal darum, Geschichte aus der Sicht der ProtagonistInnen zu erzählen, eine "partizipative Dramaturgie" zu finden. Elf Personen aus den Roma- und Sinti-Communities gestalteten Beiträge, die allesamt von einem konkreten Ort ausgehen. Dazu kommt ein ausführlicher historischer Teil zur Geschichte der Roma und Sinti in Österreich vom 18. bis ins 20. Jahrhundert. Gestalterisch wird hier unterschieden zwischen Bildern, die "von außen", d.h. über die Minderheiten produziert wurden, und jenen Darstellungen und Zeugnissen, die selbst aus den Communities stammen: Letztere sind überwiegend im Original und gerahmt.

Einen essentiellen Bestand in der Ausstellung bilden die Fotos und vor allem Tondokumente, die Mozes Heinschink – der wichtigste Sprachwissenschaftler für Romani-Sprachen – seit den 1960er Jahren gesammelt hat. Um die Bedeutung der Sprache für die Identität der Minderheiten zu unterstreichen, sind die Ausstellungstexte je nach Themen und Orte ins Burgenland-Roman, Lovara-Romani, Kalderaš und Sintitikes übersetzt.


Romane Thana. Orte der Roma und Sinti
12. Februar bis 17. Mai 2015