Präsentation des Entwurfs für eine temporäre Installation am Lueger-Platz in Wien

Im Mai 2021 hat die Stadt Wien nach anhaltender, öffentlich geführter Diskussion zum Lueger-Denkmal einen Round Table im Rathaus abgehalten, an dem mehr als 40 Expert:innen aus Kunst, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft teilgenommen haben. Der Austausch so unterschiedlicher Stimmen und die offene und respektvolle Diskussion haben gezeigt, dass das Lueger-Denkmal nicht länger unkommentiert bleiben kann, sondern dass Handlungsbedarf besteht.

Diese Diskussion lieferte auch die Grundlage für die Entscheidung der Stadt Wien, das Denkmal permanent künstlerisch zu kontextualisieren. Die Ausschreibung dafür erfolgt im Herbst und wird von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien durchgeführt. Bis zu deren Realisierung wird eine temporäre Installation auf das Denkmal Karl Luegers reagieren.

Nach ihren Recherchen waren die Künstler:innen Nicole Six und Paul Petritsch interessiert an der facettenreichen Präsenz Luegers in Wien. Six-Petritsch planten daraufhin, mit dem im Erinnerungsspeicher Stadt Abgelegten ein temporäres Archiv zu bauen. Dazu werden 15 im öffentlichen Raum Wien präsente Lueger-assozierten Artefakte in Form ihrer Umrisslinien bei dem Lueger-Denkmal versammelt. Diese Silhouetten lehnen im Maßstab 1:1 unmonumental an einem Gerüst und harren nüchtern ihrer Zuordnung. Der Öffentlichkeit wird eine Art Schaulager zur Verfügung gestellt, das den Prozess des Ordnens und Strukturierens als notwendige Basis von Meinungsbildung abbildet und den Beginn einer differenzierten öffentlichen Diskussion als eine Art "Ortsverhandlung" darstellen soll.

Im Vorfeld erkundete das Duo alle Denk-Orte, Tafeln, Gebäude in Wien, die mit Lueger in Verbindung gebracht werden und nahmen ihre jeweilige Form ab. Zusammengefasst am Luegerplatz bilden sie ein Display für eine öffentliche Diskussion, die Fragen erlaubt wie: Wie wollen wir als Gesellschaft des 21. Jahrhunderts mit unserem "dark heritage" umgehen? Was kann der öffentliche Raum leisten? Was soll für eine zukünftige Betrachtung bereitgestellt werden?

Die Kosten für Entwurf und Errichtung belaufen sich auf 100.000 Euro. Die Skulptur soll im Herbst aufgestellt werden und ein Jahr lang am Platz ein Zeichen setzen.

Nicole Six und Paul Petritsch realisieren seit 1997 gemeinsam Filme, Fotografien, Displays, Künstler*innenbücher sowie orts- und kontextspezifische Installationen und Projekte im öffentlichen Raum. Sie erforschen die Grenzen unseres Daseins und unserer Wahrnehmung mit Expeditionen in den Alltag, durch Ozeane, Polarregionen, Betonwüsten wie auch Mondlandschaften. Ihre Eingriffe sind experimentelle Versuchsanordnungen, mit denen sie den Raum neu ordnen, indem sie ästhetische mit politischen Dimensionen verbinden.

In diesem Zusammenhang waren Arbeiten wie "Die innere Grenze/Notranja meja" (2008) und "Das Denkmal/Spomenik" (2015) in Kärnten als Gegenmonumente sowie das partizipative Projekt "Die Stadt und das gute Leben" (2020) in der Form von einer Vermessung des Raumes und der Landschaft angelegt.

Im Herbst wird es einen geladenen Wettbewerb zur permanenten künstlerischen Kontextualisierung des Lueger-Denkmals, durchgeführt von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien, geben. Dafür werden derzeit die technischen und inhaltlichen Rahmenbedingungen erarbeitet.

Die technischen Voraussetzungen werden mit den zuständigen Magistratsabteilungen, dem Bezirk und dem Bundesdenkmalamt geklärt. Die inhaltliche Grundlage für den Wettbewerb erarbeitet eine wissenschaftliche Kommission. In Vorbereitung ist auch die Besetzung der internationalen Jury, die den Sieger:innenentwurf auswählen wird. Ebenfalls in Arbeit ist die Liste der Künstler:innen, die zum Wettbewerb eingeladen werden. Der Sieger:innenentwurf soll im kommenden Frühjahr präsentiert werden.