Platz da!

Anlässlich des 10. Jubiläums des "European Prize for Urban Public Space" präsentieren das Architekturzentrum Wien eine umfassende Schau zum Thema Öffentlicher Raum. Diesem oftmals überstrapazierten und ausgereizten Begriff werden mit Fragen nach der Bedeutung und Zugehörigkeit von Öffentlichem Raum wie "Was meint Öffentlicher Raum? Wie entstand er und gibt es ihn überhaupt noch? Wem gehört er, was repräsentiert er? Wer braucht ihn und wer darf ihn benutzen? Geht es noch um Privat versus Öffentlich oder vielmehr um Ausgrenzung versus Eingrenzung?" neue Sichtweisen entgegengesetzt und damit die Bandbreite der Diskussionsebenen eröffnet.

Zusätzlich werden alle Siegerprojekte der letzten zehn Jahre sowie das gesamte Archiv des "European Prize for Urban Public Space" in der Ausstellung gezeigt. International ausgezeichnete Projekte werden Wiener Realitäten gegenübergestellt, aktuelle künstlerische, aktionistische und architektonische Positionen, theoretische Analysen zur Stadtentwicklung und Darstellungen zu Produktion und Verhandelbarkeit von Öffentlichen Räumen den BesucherInnen näher gebracht. All das wird in einer vielfältigen Form, mit Video-Interviews, Videobeiträgen von FilmemacherInnen und ArchitektInnen, Fotostrecken, Modellen, Textpassagen, Plänen und Audiostationen demonstriert. Der Ausstellungsverlauf ist nicht linear, sondern sechs Stationen zu unterschiedlichen Themenbereichen stehen individuell für sich, kommunizieren jedoch miteinander. Das architektonische Konzept der Ausstellung von looping architecture (Christa Stürzlinger und Eva Becker) fungiert dabei als zusätzliches Objekt, das durch eine fragmentarische Stadtlandschaft die verschwimmenden Grenzen zwischen Öffentlich und Privat beschreibt.

Mit "Ambivalenzen" – die erste Station – beginnt der Ausstellungsrundgang und eröffnet sogleich die Sicht auf die unterschiedlichsten Auffassungen zum Öffentlichen Raum, die divergierender nicht sein könnten: Für jeden von uns, egal in welcher Rolle er/sie sich befindet, bedeutet Öffentlicher Raum etwas anderes. Videointerviews mit unterschiedlichen ProtagonistInnen des öffentlichen Lebens zeigen die auseinanderklaffenden Meinungen – z.B. erzählen ein Polizist, ein Straßenarbeiter der MA48, ein Jurist sowie eine Augustin-Verkäuferin ihre/seine persönlichen Sichtweisen und Erlebnisse zum Thema Öffentlicher Raum. Weiter geht es zur Station "Dschungel", in der zwei prominente Wiener Beispiele der jüngsten Vergangenheit gegenübergestellt werden: Praterstern und Schwarzenbergplatz. Wie heftig die (öffentlichen) Debatten um diese beiden Projekte ausgefallen sind, lässt sich in einem Zeitungsarchiv in der Ausstellung nachlesen. Um aber auch einen unpolemischen Blick auf diese umstrittenen öffentlichen Plätze zu gewinnen, wurden von der Kuratorin vier FotografInnen eingeladen, ihre subjektiven Sichtweisen zur Gestaltung der Plätze und zum Leben auf diesen Plätzen zu dokumentieren.

Im Mittelpunkt der Station "Bühnen" stehen gesellschaftspolitische Verhältnisse und die Repräsentanz von Macht im Öffentlichen Raum, was anhand von unterschiedlichen Modellen präsentiert wird. Über Jahrhunderte hinweg diente der Öffentliche Raum als Repräsentationsfläche bzw. Bühne zur Machtdemonstration, öffentliche Plätze wurden zum Spiegel ihrer Gesellschaft und deren politische Verhältnisse. Die vierte Station zeigt die Siegerprojekte der letzten zehn Jahre sowie das gesamte Archiv des "European Prize for Urban Public Space". Um "Okkupationen" handelt es sich in der vorletzten Station, die vor allem auf prozessbegleitende Planungsstrategien und -konzepte sowie Eigeninitiativen als Bauaufgaben eingeht. Im Vordergrund steht meist die in Kooperation mit den NutzerInnen bzw. BewohnerInnen erarbeitete Strategie, ein Bauvorhaben umzusetzen. Zur Veranschaulichung wurden fünf Architekturbüros bzw. -kollektive {fattinger, orso, rieper.(A) / feld72 (A) / transparadiso (A) / Raumlabor (D) / Recetas Urbanas (E)} eingeladen, ihre Initiativen im
Öffentlichen Raum in der Ausstellung zu präsentieren.

Den Abschluss bilden die "Commons", die meist eine kontroversielle Debatte mit sich bringen. "Commons" sind Gemeingüter, zu denen auch der urbane öffentliche Raum gezählt werden sollte. Vorrangig versteht man darunter natürliche, soziale und kulturelle Ressourcen, die durch gemeinsames Handeln und Verwalten der Betroffenen – das commoning – geregelt werden. Eine der berühmtesten Figuren der Geschichte und gleichzeitig der erste "Commoner" war Robin Hood – warum und weshalb gerade er ein "Commoner" ist, wird u.a. in der Ausstellung mittels einer Hörstation mit Audiobeiträgen dargestellt.

Zur Ausstellung erscheint neben dem Katalog "In Favour of Public Space" der Hintergrund 48 "Platz da!" – beide Publikationen sind im Doppelpack oder auch einzeln erhältlich.

Platz da!
14. Oktober 2010 bis 31. Januar 2011