Pierre Bonnard in der Fondation Beyeler

Mit der Ausstellung "Pierre Bonnard" feiert die Fondation Beyeler einen der faszinierendsten Maler der Moderne. Die Ausstellung präsentiert über 60 Gemälde des berühmten französischen Koloristen aus internationalen Museen und privaten Sammlungen und gibt eine neue Einsicht in Bonnards Werk und künstlerische Entwicklung. Sie richtet den Blick auf sein gesamtes OEuvre von den Anfängen im Kreise der Nabis über seine Arbeiten im Umkreis von Symbolismus und Impressionismus bis hin zu den immer farbiger und abstrakter werdenden Spätwerken. Die Gemälde zeigen bekannte Szenen von Badenden, Ansichten aus dem Garten des Künstlers, Alltagsdarstellungen sowie das bunte Treiben auf den Pariser Strassen.

Der in Fontenay aux Roses bei Paris geborene Bonnard (1867–1947) malte meist in seinen Privathäusern und Pariser Atelierwohnungen. Ausgangspunkte seiner Malerei waren vor allem das Haus "Ma Roulotte" in Vernonnet in der Normandie (1912 bis 1939) und die Villa "Le Bosquet" in Le Cannet an der Côte d’Azur (1927 bis 1947) sowie die sie umgebenden Gärten. In diesem persönlichen Umfeld fand er die Konstellationen und Anregungen, die er für seine Farbkompositionen benötigte, sowie seine bevorzugten Sujets, denen er zeit seines Lebens treu blieb, deren Darstellung er aber auf unterschiedliche Weise variierte. Marthe, zunächst seine Geliebte und seit 1925 seine Ehefrau, war dabei das favorisierte Modell. Die Hochzeit beendete die Ménage à trois zwischen Bonnard, Marthe und Renée Monchaty – Modell, Muse und Geliebte des Malers seit 1918 –, die sich daraufhin das Leben nahm.

Bonnard pflegte jenseits aller "Ismen" zu Beginn des 20. Jahrhunderts seinen eigenen, der französischen Klassik verpflichteten Stil der "anderen Moderne", wobei er die Gegenständlichkeit nie infrage stellte. Konsequent sprengte er dabei die traditionellen Gattungsgrenzen und entwickelte sie weiter. Er schuf unkonventionelle Stillleben, in denen er lebende Menschen und Tiere miteinbezog. Die Landschaft mit der Schilderung "wilder Natur" steht in seinen Gemälden in einem Gegensatz zur bewegten Pariser Stadtlandschaft. Bei der Wiedergabe von Interieurs wechselte er zwischen der intimen Darstellung der Frau bei der Toilette und Ansichten des bürgerlichen Esszimmers.

Der Überschwang seiner manchmal geradezu glühenden Farben unterschied ihn schnell von den Impressionisten. In Abkehr von Letzteren, die den Augenblick einzufangen suchten, malte Bonnard im Atelier die Dauer und die Erinnerung der Dinge. Er gab in seinen Gemälden mithilfe von Farbkompositionen auf aussergewöhnliche Weise den Gesamteindruck eines Raumes wieder, wie er zwar vom menschlichen Auge, nicht aber von einer Fotolinse erfasst werden kann. Es ging ihm letztlich darum, sämtliche Sinneseindrücke durch Farbe darzustellen.

Galt Bonnard kurz nach seinem Tod Mitte des letzten Jahrhunderts noch als Vertreter einer oberflächlichen Harmonie und als "harmloser" Chronist eines grossbürgerlichen Alltags, so wird der Künstler heute, ausgehend von der 1984 im Centre Pompidou in Paris konzipierten Wanderausstellung (die auch im Zürcher Kunsthaus zu sehen war), als ein Maler aufgefasst, der die grosse Beunruhigung einer dem Verschwinden geweihten Gesellschaft auf die Leinwand bannte. Mittels subtiler künstlerischer Nuancen hinterfragte Bonnard die vordergründige Harmonie. Dies zeigt sich in Farbdissonanzen, räumlichen Verschränkungen und unklaren Verortungen oder einer unstimmigen Personenführung.

In der als "Maison immaginaire de Bonnard" konzipierten Ausstellung werden seine Gemälde gruppiert bestimmten Räumen zugeordnet, die seine bevorzugten Motive präsentieren: "La rue" "La salle à manger", "Intimité", "Le miroir", "Le passage entre intérieur et extérieur" und "Le grand jardin".

Der Katalog erscheint in Deutsch und Englisch im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern. Er enthält Essays von Evelyn Benesch, Andreas Beyer, Marina Ferretti Bocquillon, Michiko Kono, Ulf Küster, Beate Söntgen und eine Biografie von Fiona Hesse. 176 Seiten, 120 Abbildungen, CHF 68, ISBN 978-3-905632-94-1 (Deutsch); ISBN 978-3-905632-95-8 (Englisch)

Pierre Bonnard
29. Januar bis 13. Mai 2012