Peter Wehinger: "Auf den Abgrund zu"

Die zweite Ausstellung in der Galerie Villa Marxx ist dem Schaffen des 1971 in Dornbirn geborenen Künstlers Peter Wehinger gewidmet, der heute in Wien und Kehlegg lebt und arbeitet.

Die Jugendstilvilla mitten im Zentrum von Lustenau, in der ihr Besitzer, der Künstler Werner Marxx Bosch, seine neue "Galerie Villa Marxx" eingerichtet hat, ist im originalen Zustand erhalten. An diesem speziellen Ort für Kunst wolle er die Inhalte seiner Bregenzer "K12 Galerie" programmatisch weiterentwickeln "und den Fokus auf malerische, zeichnerische und skulpturale Statements zeitgenössischer Kunst legen", betont der Galerist. Nach der Eröffnung dieser Räumlichkeiten am 2. Oktober des vergangenen Jahres mit Werken des Hörbranzer Künstlers Christoph Lissy und anschließender Pandemie-bedingeter Zwangspause erfolgt nun am 12. Juni der Startschuss für die zweite Ausstellung, die dem Schaffen des 1971 in Dornbirn geborenen Künstlers Peter Wehinger gewidmet ist.

Wehinger, der an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Gunter Damisch, Monika Bonvicini und Peter Kogler studiert hat, ist am Beginn seiner relativ spät begonnenen künstlerischen Laufbahn vor allem mit Objekten und Installationen aufgefallen, die genauso hintersinnig wie provokant und Ironie-kontaminiert sind.

Während solche Konzeptkunstprojekte ein ständiger Wegbegleiter Wehingers sind, ist in den letzten Jahren auch das zeichnerische Moment stark in den Vordergrund gerückt. Anhand von Hunderten von Zeichnungen hat er sich dem Problem des Alterns angenommen und im selben Maße bissig-böse wie charmante Kommentare zu einem Phänomen aufs Blatt gesetzt, von dem jede Kreatur betroffen ist. Eine breite Auswahl davon präsentiert er nun unter dem Titel "Auf den Abgrund zu" in den drei Ausstellungsräumen der Galerie Villa Marxx. Die meisten davon sind in schwarzer Tusche oder Kohlestift gehalten, bei einigen Blättern wurden einzelne Flächen mit Aquarellfarben eingefärbt.

Wehinger kommentiert diesen Zustand des Älterwerdens: "Unaufhaltsam, dem Ende entgegen schreitend, stolpern wir mal schneller, mal langsamer auf den Abgrund zu. Entsetzt und gleichzeitig fasziniert davon, habe ich es mir zur Passion gemacht, besonders diesen Weg künstlerisch zu untersuchen und zu begleiten."

Sein derzeitiges Medium, die Zeichnung, scheint dafür geradezu prädestiniert zu sein. Schräg, liebevoll, manchmal etwas provokant, aber durchaus versöhnlich, zeichnet er über sein Altern und das seiner Geschlechtsgenossen. Dabei entstehen gewagte Zeichnungen für eine vielschichtige Auseinandersetzung mit der herausfordernden Lebensphase des Alterns. Skurrile Ausgangspunkte, um sich gedanklich mit verändernden Parametern und daraus erzwungene Umstellungen von Gewohnheiten, Mustern und Ängsten zu beschäftigen.

Dabei zeigt Wehinger seine "Modelle" zumeist schutzlos, weil nackt. Aber die Zeichnungen wirken dabei keineswegs obszön, sondern sie sind von einer tiefen Melancholie geprägt. Sie verweisen auf die Einsamkeit der Männer (und Frauen), die ihres Körpers trotz des allmählichen Zerfalles bewusst sind und ihn auch noch spüren. Für die Umsetzung in Tusche oder Kohle bedient er sich eines einfachen, reduzierten, plakativen, fast comicartigen Striches. Das "schöne", perfekte, akademische Zeichnen lehnt Wehinger ab. Seine Vorbilder sind Leute wie Janosch, Florence Jenkins, Per Dybvig oder Art-Brut-Künstler. Ein selbstbewusster eigener Stil, das Eingestehen von Schwächen und das Dazu-stehen-können sind für ihn wesentlich interessanter und aufregender als das austauschbare, angezüchtete Schönzeichnen.

Peter Wehinger: Auf den Abgrund zu
Galerie Villa Marxx, Lustenau, Schillerstraße 11
12. Juni bis 10. Juli 2021
Eröffnung: 12.6., 16-20
Mi, Fr 15-17, Sa 9-11