Packende Unterhaltung und politische Aufklärung: Die Filme von Constantin Costa-Gavras

Mit "Z" schuf Constantin Costa-Gavras 1969 einen Klassiker des Politthrillers. Die Verknüpfung der Strategien des kommerziellen Erzählkinos mit einer aufklärerischen Botschaft zieht sich durch sein gesamtes Werk. Das St. Galler Kinok widmet Costa-Gavras, der am 13. Februar seinen 80. Geburtstag feiert, derzeit eine Retrospektive.

Die Stoffe für seine Filme entnimmt Costa-Gavras immer wieder tatsächlichen Ereignissen: In "Z" (1969) verarbeitete er den Mord am griechischen Abgeordneten Lambrakis 1963, in "Ètat de siège - Der unsichtbare Aufstand" (1972) thematisiert er die Unterstützung der uruguayischen Militärdiktatur durch die USA ebenso wie in "Missing - Vermisst" (1982) das Engagement des CIA beim chilenischen Putsch gegen Allende 1973, rechnete aber auch in "L´aveu - Das Geständnis" (1969) mit den stalinistischen Repressionen gegen den Vizeaußenminister der CSSR ab, oder zeigte in der Rolf Hochhuth-Verfilmung "Amen - Der Stellvertreter" (2002) auf, wie der Vatikan auf Hinweise auf die nationalsozialistische Judenvernichtung nicht reagierte.

Immer wieder stehen dabei integre, unbestechliche Individuen im Mittelpunkt, die sich gegen ein übermächtiges Regime zur Wehr setzen. In "Z" lässt ein junger Untersuchungsrichter nach dem Tod des namenlos bleibenden Politikers nicht locker und beginnt gegen den Willen der Polizei zu recherchieren. In "Missing" wird der Glaube eines US-Amerikaners, der in Chile seinen während des Putsches verschwundenen Sohnes sucht, an sein Heimatland, das die Prinzipien von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit immer propagiert und vor sich her trägt, zunehmend erschüttert. In "Der Stellvertreter" stellt sich ein SS-Offizier zunehmend gegen das Nazi-Regime, als er Zeuge von Judenvergasungen wird.

Mit diesen Aufdeckern, die zumeist von Stars (Jean-Louis Trintignant in "Z", Jack Lemmon in "Missing", Ulrich Tukur in "Der Stellvertreter") gespielt werden, schafft Costa-Gavras Identifikationsfiguren, mit denen der Zuschauer mitfiebert. Schon in den 1960er Jahren war sein Verständnis vom politischen Kino umstritten. Während beispielsweise Godard forderte, dass man nicht politische Filme, sondern vielmehr Filme politisch machen müsse, bediente sich Costa-Gavras immer des kommerziellen Erzählkinos. Seine Filme packen in ihrem aufklärerischen Engagement, vereinnahmen den Zuschauer aber auch und lassen ihm kaum Raum zu eigenen Reflexionen.

Das politische Engagement wurde dem am 13. Februar 1933 im griechischen Loutra Iraias geborenen Constantin Gavras quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater war während des Zweiten Weltkriegs ein kommunistischer Widerstandskämpfer, der nach dem Sieg der Royalisten und Demokraten im Griechischen Bürgerkrieg Repressalien erdulden musste. Weil Constantin als Sohn eines Kommunisten in seiner Heimat keinen Studienplatz bekam, emigrierte er 1954 nach Frankreich.

Ein Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaften brach er ab und wechselte an die Filmakademie. Nach Abschluss dieser Ausbildung assistierte er von 1956 bis 1965 bei Regisseuren wie René Clair, René Clement und Jean Becker. Schon sein Regiedebüt "Compartiment tueurs - Mord im Fahrpreis inbegriffen" (1965), in dem Costa-Gavras von den Ermittlungen der Pariser Polizei in einer Mordserie erzählt, besticht durch realistische Schilderung und Detailgenauigkeit. Als erster beleuchtete er zwei Jahre später in "Un homme de trop - Ein Mann zuviel" (1967) das brisante Thema von Kollaboration und Résistance im besetzten Frankreich, mit dem er sich acht Jahre später in "Section spéciale - Das Sondertribunal" nochmals auseinandersetzte.

Dazwischen entstanden mit dem mit dem Auslands-Oscar ausgezeichneten "Z", "L´aveu" und "État de siège" drei Politthriller, die Costa-Gavras Ruhm begründeten. Obwohl er dabei auf tatsächliche Ereignisse zurückgriff, anonymisiert er diese, indem er die Handlung in ein nicht näher bestimmtes Land verlegt. Costa-Gavras geht es nicht um die historische Rekonstruktion, sondern darum an einer konkreten, packend erzählten Geschichte Machtstrukturen und Unterdrückung aufzudecken und den Zuschauer zu beeinflussen. Im Einzelkämpfer, der gegen die übermächtigen Systeme höchstens Teilerfolge erringen kann, wird ihm ein Vorbild für sein eigenes Verhalten präsentiert.

Auch wenn Costa-Gavras seit den 1980er Jahren immer wieder in den USA arbeitete, änderte sich damit seine dezidiert linke und gesellschaftskritische Position nicht. Während in den früheren Filmen die Rollen zwischen Gut und Böse meist klar verteilt waren, werden die Charaktere nun differenzierter und ambivalenter. Da entpuppt sich in "Betrayed - Verraten" (1987), in dem eine FBI-Agentin einen Mordfall aufklären soll, ein sympathischer Farmer als Mitglied einer neofaschistischen Organisation, und in "Music Box" (1989) wird nach und nach klar, dass ein in den USA lebender Ungar, der ein liebender Großvater ist, im Zweiten Weltkrieg an grauenhaften Kriegsverbrechen beteiligt war.

Aber nicht nur die Geschichte, sondern auch die Gegenwart nimmt der 80-Jährige, der seit 2007 wie schon von 1982 bis 1987 die Cinématheque francaise leitet, immer noch bissig und engagiert unter die Lupe. Thriller und schwarze Komödie können sich dabei vermischen, wenn in "Le couperet – Die Axt" (2005) ganz aus der Perspektive eines Arbeitslosen geschildert wird, wie er seine Jobchancen erhöht, indem er Konkurrenten im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Weg räumt.

Am Puls der Zeit ist Costa-Gavras aber auch mit seinem neuesten Film "Le capital" (2012), in dem vom Manager einer Großbank erzählt wird, dem auf dem Weg nach oben jeder Trick und jedes Mittel recht sind.

Trailer zu "Z"