Österreichs Beitrag zur Kunstbiennale Venedig 2022

Nach der Verschiebung um ein Jahr öffnet die 59. Internationale Kunstausstellung La Biennale di Venezia 2022. Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl konzipieren für den Österreichischen Pavillon unter dem Titel "Invitation of the Soft Machine and Her Angry Body Parts" bühnenartige Installationen, in denen sich ihr gesamter künstlerischer Kosmos ausbreitet – von Malereien über Textilarbeiten, Fotografien, Objekten, Soundarbeiten, und Videos bis hin zu Hologrammen und interaktiven Apps. Die dazugehörige Webseite ist seit kurzem Online.

Vom Dandy über den Camp bis zum Bohemian, von der schillernden Selbstinszenierung bis zum einsamintrovertierten Romantiker: Spätestens seit der Erfindung der Moderne bedienen Künstler_innen immer auch eine Rolle im Betriebssystem Kunst. Diese gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen sind immer auch an Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe und Status festgemacht.

Innerhalb des Koordinatensystems dieses mit ersehnten wie erzwungenen Identitäten operierenden Konstrukts schlagen Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl ihre Bühne auf, unterminieren es – und proben ihr eigenes Stück, indem sie Systeme durcheinanderbringen und Hybride produzieren, die sich mit der Identität von Stilen, Medien, Materialität und Strömungen in der Kunst- und Designgeschichte auseinandersetzen.

Dabei wollen die Künstler_innen ihre Arbeiten nicht als Belehrungen verstehen, sondern als sinnlich lustvolle Einladungen, gemeinsam mit den Besucher_innen utopische Sphären zu betreten und Alternativen vorstellbar zu machen. Ihr Zugang ist fern jeder moralisch didaktischen Überlegenheit. Es entstehen raumübergreifende multimediale Installationen, die bis in den Alltag und den virtuellen Raum hineinreichen.

Jakob Lena Knebl, 1970 in Baden bei Wien geboren, war zehn Jahre in der Altenpflege tätig, bevor sie an der Universität für angewandte Kunst Wien bei Raf Simons Mode und an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Heimo Zobernig Textuelle Bildhauerei studierte. Sie verantwortete 2017 im Mumok eine viel beachtete Neuaufstellung der Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst, die sie gemeinsam mit eigenen, neu konzipierten Arbeiten und Mut zur Exzentrik auf zwei Ebenen des Museums präsentierte.

Ausgangspunkt ihres raumstrategischen Ansatzes ist oft eine fotografische Inszenierung, die den Körper sowie die Identitäts- und Begehrenskonstruktionen in Beziehung zu bildhauerischen Objekten und den materiellen sowie sozialen Räumen setzt. Durch diese Vorgehensweise entstehen raumgreifende und teilweise betretbare Installationen, Settings oder Inszenierungen, die von unterschiedlichen Ästhetiken, Medien, Materialien und intensiven Atmosphären geprägt sind. Ihre Referenzen kommen aus der Kunst- und Designgeschichte und jenen Bewegungen, die diese verbunden haben.

Ashley Hans Scheirl, 1956 in Salzburg geboren, studierte von 1975 bis 1980 an der Akademie der bildenden Künste Wien und schloss 2003 ein Masterstudium der Bildenden Kunst am Central Saint Martins College in London ab.

Scheirls künstlerische Praxis begann Ende der 1970er-Jahre mit einer Vielfalt von verwendeten Medien. Danach konzentrierte Scheirl sich 20 Jahre lang auf das bewegte Bild. Mit über 50 Filmen und dem Transgenderkultfilm "Dandy Dust" zählt Scheirl seither zu den Pionier_innen der queeren Bewegung im Bereich der Kunst. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist die Malerei ins Zentrum des Interesses gerückt, eine Malerei, die installativ, also durch Einbeziehung von Architektur, Kontext, Objekten, Videoloops und nicht zuletzt der Bewegung der Besucher*innen erfahrbar wird. Seit 2006 hält Scheirl eine Professur für "Kontextuelle Malerei" an der Akademie der Bildenden Künste Wien.

Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl treten sowohl in Einzelprojekten als auch als Künstler_innenduo in Erscheinung. Zuletzt präsentierten die beiden fulminante raumgreifende Installationen bei der Biennale in Lyon und im Kunsthaus Bregenz. 2023 sind sie zu einer Einzelausstellung im Palais de Tokyo in Paris eingeladen.

Die beiden Künstler_innen verbindet eine intensive Auseinandersetzung mit der Konstruktion und Dekonstruktion von Identitäten. Analog zu einer bewussten, aktiven Mitgestaltung bei der Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeiten werden in der künstlerischen Arbeit die Identitäten von Medien, Stilen, Disziplinen und Genderkonstruktionen hinterfragt und durch "trans-...Operationen" in Bewegung gesetzt, hybridisiert, transformiert und de/kontextualisiert. Dabei verbinden sich zwei Generationen ebenso wie zwei verschiedene Herangehensweisen.

Website: www.biennalekneblscheirl.at