Ockham versus Buridan

Ernst Trawöger zeigt vom 23. Juni bis 5. August 2007 in seiner ersten umfassenden Einzelausstellung in der Galerie im Taxispalais eine Auswahl von ganz frühen bis neuesten Arbeiten, wobei ein Objekt Titel gebend für die gesamte Ausstellung ist, »Ockham versus Buridan«.

In seiner Bezugnahme auf die beiden konträr argumentierenden mittelalterlichen Philosophen manifestiert sich auch Trawögers künstlerisch-ästhetische Haltung, die für ihn immer auch »Grundlagenforschung« ist. Als seine wichtigsten anregenden Quellen nennt er die »(Natur)-Beobachtung als Seh-Übung bis zu den Grenzen visueller Wahrnehmung, die Wissenschaftstheorie, insbesondere die Unvereinbarkeit von Modell und Welt, und die Musik als abstrakt-emotionales Element.«

Ernst Trawöger wendet sich in seiner Kunst ganz alltäglichen Phänomenen zu, seien sie aus der Natur, der Mathematik, der Physik und Optik oder der Musik, um sich diesen experimentell anzunähern und sie mit den Mitteln der Fotografie, Malerei, Zeichnung oder in seinen Objekten zu untersuchen.

Trawöger zieht die BetrachterInnen in seinen experimentellen Prozess der Wahrnehmung mit ein, die an jeweils spezifische Formen von Aufmerksamkeit im Denken, Sehen und Hören gekoppelt ist, wie er am Beispiel seiner sehr früh (1973) begonnenen Fotoserien von Vögeln feststellt: »Als Kind begann ich, mich für Vögel zu interessieren, weil ich ihre Formen, Farben und Bewegungsweisen als faszinierend empfand. Durch eine fortlaufende Beobachtung sind allgemeine Probleme der Wahrnehmung aufgetreten. Wenn ich mich auf ein bestimmtes Objekt lange konzentriere, treten Feinheiten in Bewegung, Struktur und Form, die ich vorher gar nicht wahrnehmen konnte, auf.« (1988)

Für seine Ausstellung in der Galerie im Taxispalais hat Trawöger eine Reihe neuer Arbeiten entwickelt. So bezieht er sich mit einem von der Decke hängenden, rotierenden Objekt auf ein physikalisches Experiment von Newton. Ein optisches Experiment wiederum führt er mit einer Holzkiste vor, in der ein Strahlenteiler-Spiegel das Phänomen Licht innerhalb eines bestimmten Systems veranschaulicht. Für zwei skulpturale Objekte verwendet Trawöger gefundene Teile von Bäumen, die er dafür nützt, um - jeweils unterschiedlich - ein subtiles Verhältnis zwischen Mensch und Natur zu evozieren.

Einen weiteren wichtigen Aspekt der Ausstellung bildet neben der Fotografie, Skulptur, Malerei und Zeichnung die Musik, die Trawöger als integral für sein künstlerisches Konzept ansieht und in der er auch Laute aus der Natur, wie z. B. Vogelstimmen mit einbezieht. In der Halle der Galerie errichtet er ein begehbares Zelt, in dem sich überlagernde Kompositionen und Improvisationen zu hören sind, die von ihm und von seinem Sohn Felix stammen.

Trawögers Untersuchungen folgen keinen fixierten Vorgaben, sie sind struktureller Art und formal mehrdeutig, und zwar sowohl im Sinne von »Ockhams Rasiermesser«, das besagt, dass von verschiedenen möglichen Lösungen die sparsamste vorzuziehen sei, als auch im Sinne von Buridan, der die Freiheit auf die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten einschränkt.

Ernst Trawöger ist 1955 geboren. Er lebt und arbeitet in Innsbruck.


Katalog zur Ausstellung (Präsentation September 2007): »Ernst Trawöger. Ockham versus Buridan«, Hg. Silvia Eiblmayr, Galerie im Taxispalais, Innsbruck. Texte von Peter Mahr und Thomas Trummer. Skarabaeus Verlag, Innsbruck 2007, ca. 96 S., zahlr. Farbabbildungen, EUR 14,90

Ockham versus Buridan
23. Juni bis 5. August 2007