Die Galerie Lisi Hämmerle zeigt unter dem Titel Noctuoidea (Narbe und Nachtfalter) grossformatige Malereien und eine Keramik Installation von Amrei Wittwer. Der Vorarlberger Falter, ein vom Aussterben bedrohtes Mangelwesen rückt in den Fokus der Aufmerksamkeit.
In ungewöhnlicher Menge und Grösse wird der Falter den Besuchern präsentiert. Das Mantra soll zum Wohle der fühlenden Wesen wirken, ihre Sehnsucht stillen und ihnen Glück bringen. Mit jedem einzelnen Bild wird der Falter – als nichtmenschliche Person – angerufen, so lange, bis verbindliche, fein regulierte Gesetze ihn und seine Nachkommen vom Aussterben schützen. Ein Ausschnitt dieser Werkreihe war Herbst und Winter 2023 in der Kunstbox und Unterführung am Jahnplatz Feldkirch zu sehen.
Trotz ihrer naturwissenschaftlichen Ausbildung und Tätigkeit steht Wittwers künstlerische Arbeit im Widerspruch zum wissenschaftlichen Positivismus der Moderne. Die Kunsthistorikerin Margarethe Zink verortet Wittwers Arbeit im Zusammenhang mit dem "Animismus": "womit ästhetische Symptome gemeint sind, die unsere kategorialen Grenzziehungen zwischen Nicht-Leben und Leben, Ding oder Wesen, grundsätzlich in Frage stellen. Amrei Wittwer eröffnet den Zugang zu bestimmten Weltbildern, die unsere Auffassung von Moderne ins Wanken bringen können, ganz im Sinne von Bruno Latour: Wir sind nie modern gewesen!" Zum anderen findet Margarete Zink Bezüge zu der "Pattern and Decoration" Bewegung, mit ihrer Vorliebe für Kunsthandwerkliche Techniken und ihrer Ablehnung eines westlich dominierten, männlichen Kunstbetriebes. "Muster sind für Amrei Wittwer nicht nur Dekoration, sondern vielmehr ein 'politisch-erotisch-mystisches' Statement ihrer Auffassung von der Auflösung eines Kunstbegriffs weg vom Museum hin zu mehr Wirkung und - wenn man so will - magischer Funktion." Dabei geht es darum zu einem Begriff des Animismus als Praxis zu kommen, der nichts mit "Glauben" zu tun hat.
Noctuoidea. Narbe und Nachtfalter
Bis 29.Juni 2024