Nahsicht. Käthe Kollwitz - Heinrich Zille

Käthe Kollwitz (1867–1945) und Heinrich Zille (1858–1929) haben unser Bild vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Weimarer Republik entscheidend geprägt. Die Werke beider Künstler genießen bis heute große Popularität. In der Ausstellung "Nahsicht" treffen erstmals das zeichnerische Frühwerk von Käthe Kollwitz und die selten gezeigten Fotografien Heinrich Zilles aufeinander.

Die Ausstellung umfasst rund 60 Zeichnungen, Skizzen und Druckgraphiken von Käthe Kollwitz aus den Jahren 1890 bis 1910 und mehr als 40 Fotografien Heinrich Zilles, die auf Streifzügen durch das Berlin der Jahrhundertwende entstanden sind.

Beide Künstler bieten eine ungeschönte Sicht auf die wachsende Metropole. Mit einfühlsamem und höchst sinnlichem Blick schufen sie Momentaufnahmen von den Menschen ihrer Zeit: von Marktfrauen und Reisigsammlerinnen, spielenden Kindern auf Müllkippen und in dunklen Gassen, von ausgelassenen Familien auf Rummelplätzen oder in den düsteren Hinterhöfen der Mietshäuser.

Über das Dokumentarische hinaus zeigen sowohl die Zeichnungen von Käthe Kollwitz als auch die Fotografien Zilles den persönlichen Zugriff der Künstler auf ihre Wirklichkeit, abseits aller formalen oder motivischen Konventionen. Die gezeigten Werke markieren eine persönliche, fast intime Sphäre der Bildentstehung und ermöglichen dem Betrachter von heute einen unverstellten Blick über die Schultern der Künstler.

In ihren anfangs nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Zeichnungen und Skizzen erfasst die junge Käthe Kollwitz die Menschen in ihrer körperlichen und gesellschaftlichen Existenz. Zeichnend suchte sie die unmittelbare Konfrontation mit dem Leben in ihrer Stadt. Dabei steckt sie das gesamte Spektrum menschlicher Lebensäußerungen zwischen mütterlicher Liebe, erotischer Sinnlichkeit, Bedrängnis und Tod ab.

Heinrich Zille, vor allem bekannt als Zeichner und Karikaturist, beobachtete mit der Kamera flanierend das Leben der Großstadt und bildet eine äußerst fragile, ungeordnete, mitunter heitere, oftmals harte Wirklichkeit in verblüffender Direktheit ab. Die Kamera war ihm dabei ein spontanes Instrument seiner Studien. Zu Lebzeiten stellte er seine Fotos weder aus, noch versuchte er sie zu publizieren. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod wurde Zilles fotografisches Werk entdeckt.

Die von Martina Padberg kuratierte und zusammen mit der Altana Kulturstiftung im Sinclair-Haus, Bad Homburg, erarbeitete Ausstellung umfasst – teilweise kaum bekannte – Werke aus dem Käthe Kollwitz Museum Köln und der Berlinischen Galerie sowie aus Privatbesitz und den Kupferstichkabinetten der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Kunsthalle Bremen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen mit 192 Seiten und 145 Abbildungen zum Preis von 29 Euro im Museum.

Nahsicht. Käthe Kollwitz - Heinrich Zille
21. Februar bis 9. Mai 2010