Martial Leiter – Guerres

Mit einem ausserordentlichen Gemeinschaftsprojekt würdigen das Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel und das Centre Dürrenmatt Neuchâtel den grossen Zeichner und Maler Martial Leiter in zwei einander ergänzenden Ausstellungen. Die Thematik des Krieges, unumgänglich in den Arbeiten Leiters, vereint die beiden parallel einhergehenden künstlerischen Ausdruckswelten, die je einzeln in den Ausstellungen gezeigt werden: Das Centre Dürrenmatt zeigt die Pressezeichnungen, die freie künstlerische Produktion ist im Musée d’art et d’histoire zu sehen.

Zum ersten Mal verfolgen das Centre Dürrenmatt und das Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel ein gemeinsames Ausstellungsprojekt und widmen dieses dem 1952 in Fleurier im Kanton Neuenburg geborenen Künstler Martial Leiter. Ausgebildet als technischer Zeichner, bewegt sich Leiter seit 1970 als Pressezeichner und als freischaffender Künstler in zwei parallel einhergehende künstlerische Ausdruckswelten. Diese sind so unterschiedlich, dass es auf den ersten Anblick erstaunt, dahinter denselben Urheber zu entdecken. Und genau hier findet die vom Musée d’art et d’histoire und dem Centre Dürrenmatt konzipierte und auf Anregung des Lausanner Galeristen und Herausgeber Michel Froidevaux initiierte Doppelausstellung ihren spannenden Ausgangspunkt: Die kritische Auseinandersetzung mit der Weltlage, seine gezeichneten Stellungnahmen zu Krieg, Unrecht und Unterdrückung führen Leiter zur Frage nach der Darstellbarkeit: "(…) was man anklagen möchte, wird immer abstrakter. Die virtuellen Welten der Kriegstechnologie, (…) die Vernichtungsbürokratie: Es wird immer schwieriger, das Böse zu zeichnen."

Im Centre Dürrenmatt begegnet man den Pressezeichnungen, deren herausragende Qualität den Künstler in ganz Europa hat berühmt werden lassen. Der präzise Strich, in feinteilige Rasterstrukturen eingebunden, kritisiert scharf und schonungslos, entbehrt jeglichen Pathos, aber keineswegs den Humor. Wenn Martial Leiter den so genannt "sauberen" Krieg und die Manipulation durch die Massenmedien denunziert, die Ohnmacht internationaler Organisationen oder die Ambivalenz humanitärer Missionen entlarvt, erhebt er nicht den Anspruch, die Welt zu verbessern, er will sie nur verstehen. Und genau dieses exakte und nüchterne Analysieren geht unter die Haut und macht, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt.

Das Musée d’art et d’histoire eröffnet das Kapitel der freien künstlerischen Produktion, welche – im Gegensatz zu den Pressezeichnungen – im Ausdruck viel spontaner und ungestümer und in ihrer Aussage allgemeiner und universeller ist. So enthält eine einzige schwere, schwarze Wolke die ganze Bedrohung, die von einem Krieg ausgeht. In ihrer Gestik und plastischen Form reihen sich die Werke in die Tradition der grossen Historienmaler ein, ausgehend von Michelangelo und Tiepolo bis hin zu Käthe Kollwitz.

Die beiden Ausstellungen werden von Veranstaltungen und Künstlergesprächen begleitet. Das Centre Dürrenmatt schlägt mit dem Vortrag "Krieg und Frieden bei Friedrich Dürrenmatt" (10.Dezember) die Brücke zum Hausautor, der sich mit politischen Stellungnahmen und Protestveranstaltungen immer wieder aktiv ins Zeitgeschehen eingebracht hat. Ebenso erscheinen bei den eine Monographie (herausgegeben bei den Editions Humus, Lausanne) sowie ein filmisches Portrait über den Künstler, realisiert von Augustin Oltramare (DVD).


Martial Leiter – Guerres
25. September 2009 bis 31. Januar 2010