Markus Huemer - Ich grüße meinen Vater, meine Mutter und ganz besonders meine Eltern

Der 1968 in Linz geborene Künstler Markus Huemer zeigt verschiedene Bildwirklichkeiten, die sich zwischen Malerei und digitaler Kunst bewegen. Die Ausstellung im Schlossmuseum Linz fokussiert aus der Fülle an künstlerischen Themen Huemers Naturbetrachtungen, die den Blick sowohl auf die Kunstgeschichte als auch auf Naturwissenschaften richten.

Ein stets wiederkehrendes Thema ist die Beobachtung von Leerstellen und Wahrnehmungsbereichen, die sich in Zwischenwelten bewegen oder auf etwas verweisen, das weder existent noch sichtbar ist. Dazu gehören auch die irritierenden Titel mit kuriosen Aussagen, wissenschaftlichen Tatsachen oder Begriffen aus der Computerwelt, die nur scheinbar mit dem eigentlichen künstlerischen Werk zusammenhängen und uns mit künstlerischen, kulturellen, naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen konfrontieren.

Die mannigfaltige Darstellung eines Motivs ist gleichsam ein Rückgriff auf digitale Reihungsmechanismen, mit dem der Wahrheitsgehalt einer Aussage vorgetäuscht oder eine Wissenslücke gefüllt wird. Entscheidend ist, dass durch zahlreiche Wiederholungen und Reproduktionen eine wissenschaftliche Ebene erreicht wird, die gar nicht vorhanden ist. Die reine Tatsache, dass etwas digital multipliziert wird, ist ein ausreichender Beweis, der kaum hinterfragt wird.

Seine Bilder referieren beispielsweise auf Darstellungen von Insekten und Pflanzen, die im 17. Jahrhundert von der Naturforscherin und Künstlerin Maria Sibylla Merian angefertigt wurden. Huemer übersetzt die historischen Kupferstiche in Malerei, indem er den Regeln der Farbkomprimierung folgt. Namen von Computerviren werden wie die lateinischen Begriffe eines Pflanzenlexikons zur Bezeichnung verwendet und verleihen den Bildern die Aura wissenschaftlich untersuchter Objekte.

Huemers Landschaftsbilder sind meist großformatige Leinwandbilder und Installationen, die trotz reduzierter Farbwahl einen naturalistischen Anspruch haben. Tatsächlich stellen sie aber künstlich erzeugte Visionen von Natur dar, die in der Realität nicht vorkommen oder durch fachspezifische Beschreibungen irreführende Interpretationen provozieren.

Die installative Werkgruppe „Thumbnails“ bezieht sich auf das Bildarchiv des Künstlers. Jedes Bild wird im Kleinformat auf einem rechteckigen Holzelement dargestellt. Der Titel „Thumbnails“ bezeichnet das verkleinerte Vorschaubild, das einen Datensatz darstellt. Huemers Thumbnails sind Ergebnis eines transformativen Werkprozesses. Dazu gehören die Übersetzung der unterschiedlichen Formate in gleich große Proportionen sowie die Bildtitel, die jeweils auf 26 ASCII- Zeichen reduziert werden und ihre Entsprechung in den File-Namen im Bildarchiv des Künstlers finden.

Die Serie „Mit Polke den Mond anstarren“ umfasst entsprechend des Mondphasenzyklus 28 Werke, die auf einer schwarzen Wand präsentiert werden. Das Werk steht in keinem Zusammenhang mit dem deutschen Pop-Art Künstler. Die Vorstellung, gemeinsam mit einem unkonventionellen Künstler gebannt auf etwas zu schauen, was es eigentlich nicht gibt, führt die Betrachtung einmal mehr ad absurdum. Die Bilder zeigen die Rückseite des Mondes, die von der Erde aus nicht sichtbar ist, wo es kein Licht gibt und folglich keine Fotografie entstanden sein kann. Huemer greift die scheinbare Beweiskraft der angeblichen Mondfotografien auf, indem er Bilder von der Rückseite des Mondes malt, die aussehen wie Fotografie.

Was unsere Wahrnehmung und Betrachtungsweise immer wieder beeinflusst, ist die Faszination für naturwissenschaftliche Erkenntnisse und nicht erklärbare oder sichtbare Phänomene, die sich in den Medien und der digitalen Kunst entdecken lassen. Huemer vergleicht sein künstlerisches Konzept mit den Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance, in denen Raritäten und Kuriositäten ohne höheren wissenschaftlichen Anspruch gesammelt wurden. Es spiegelt die ständige digitale Mutation und das Vorgaukeln von Wahrheiten wider.

Markus Huemer
Ich grüße meinen Vater, meine Mutter und ganz besonders meine Eltern
Bis 12. November 2023
Kuratorin: Inga Kleinknecht