Mapping Spaces

Mit der Ausstellung "Mapping Spaces" eröffnet das ZKM eine neue Perspektive auf die Gattung der Landschaftsmalerei. Nicht die MalerInnen waren es, die die Natur möglichst authentisch abbildeten und deshalb diese Gattung etablierten, viel eher den Fortschritten von Handwerk, Ingenieurwesen, Ballistik und Fortifikation – so die These der Kuratoren – verdankt die Landschaftsmalerei ihre Entstehung als Genre. Mit rund 200 Kunstwerken aus dem 17. Jahrhundert – unter anderem aus dem Prado, Louvre und Rijksmuseum – präsentiert das ZKM Karlsruhe die neuesten Forschungsergebnisse und stellt mit diesem einmaligen Projekt einen bisher unbekannten Aspekt der Malerei dar.

"Nicht die "bataille", sondern die in die Landschaft eingeschriebenen Fortschritte von Handwerk, Ingenieurwesen, Ballistik und Fortifikation formulieren den eigentlichen Führungsanspruch. Eine Botschaft, die ihre Entsprechung in Snayers’ minutiöser Detailgenauigkeit und der Verbindung von Karte und Bild findet. Indem er darüber hinaus verschiedene Horizontlinien in ein und dasselbe Gemälde einzieht, kann er Ereignisse unterschiedlicher, raumzeitlicher Ordnung simultan darstellen. Raumtiefe entsteht hier also nicht über die Extension des einen Bildraumes, sondern über die vielfältige Aneinanderreihung endlicher Landschaftsprospekte. Da diese Invention aber auf die Bildvorlage des Vermessers und Radierers Jacques Callot zurückgeht, verdankt sich die optische Entgrenzung der flämischen Historienmalerei keiner nur kunstimmanenten Entwicklung, sondern dem Zusammenwirken von Kartographie, Geodäsie und Kunst." (Ulrike Gehring)

Die Ausstellung Mapping Spaces untersucht erstmals in diesem Umfang den Einfluss frühneuzeitlicher Handbücher zur Geographie, der Vermessungskunde und dem Festungsbau auf die niederländische Malerei um 1650. Den Auftakt des an der Universität Trier entwickelten Projektes bilden die großformatigen Kriegspanoramen Pieter Snayers, in denen Karten und Landschaftsbilder übereinander projiziert werden, um die neuesten Errungenschaften des modernen Ingenieurwesens, der Ballistik und des Festungsbaus zu dokumentieren. Im Rahmen der Ausstellung werden deshalb erstmals Handbücher aus dem Vermessungswesen zur Erklärung für das Aufkommen dieser spezifischen Art der Landschaftsmalerei angeführt. Denn vergleichbar der modernen Satellitenvermessung (GPS) verdankt sich auch die maßstäbliche Landschaftsaufnahme einem verzweigten Netzwerk des Wissens: der Allianz von Geodäten, Mathematikern, Instrumentenbauern und Malern. Lange bevor die Neuen Medien sich also digitaler Bilder aus dem All bedienten, entwarfen Künstler moderne Fernerkundungssysteme.

Vor diesem Hintergrund geht das ZKM als Kulturinstitution neue Wege und präsentiert in der Ausstellung Mapping Spaces zum ersten Mal rund 200 Werke des 17. Jahrhunderts auf 2.000 qm. Gemälde, Messinstrumente, Zeichengeräte, Bücher, Karten und Globen aus den bedeutendsten Sammlungen der Welt wie dem Prado (Madrid), dem Louvre (Paris), dem Rijksmuseum (Amsterdam) oder dem Kunsthistorischen Museum (Wien) belegen diese neue, bildwissenschaftliche These. Die Neu-Kartierung eines frühneuzeitlichen Wissensraumes wird begleitet von zeitgenössischen Kunstwerken, die den Einfluss technologischer Entwicklungen auf unsere heutige Raumwahrnehmung thematisieren.

Mapping Spaces. Netzwerke des
Wissens in der Landschaftsmalerei
des 17. Jahrhunderts

12. April bis 13. Juli 2014