Letzte Bilder. Ad Reinhardt

Die Ausstellung "Letzte Bilder. Ad Reinhardt" ist die erste Einzelausstellung des amerikanischen Künstlers seit über 25 Jahren in Europa. "Am Anfang ist das Ende", war für ihn Programm und Verweigerung herkömmlichen Malverständnisses gleichermaßen. Mit seinen so genannten "schwarzen" Bildern, die er selbst als "die letzten Bilder, die man irgend machen kann", beschreibt, besetzt er einen Extrempunkt, der die Malerei seitdem herausfordert. Überaus kunstfertig gemalt, außerordentlich subtil in der Farbe, erschließen sich seine Werke erst allmählich.

Was scheinbar monochrom schwarz ist, erscheint erst nach intensiverer Betrachtung als ein Farbspektrum von Blau, Rot, Gelb und Mischtönen. Hinter dieser subtilen Nuancierung der Farbe tritt die geometrische Ordnung zurück, ist kaum noch erkennbar. Ad Reinhardt gehört zu den geheimnisvollen Figuren in der Kunst des 20. Jahrhunderts, das Josef Albers Museum in Bottrop zeigt nun mit zirka 35 Werken seinen Reifeprozess hin zu einem der radikalsten Standpunkte in der Kunstgeschichte.

Ad Reinhardt, 1913 in Buffalo, New York geboren, arbeitete seit seinen künstlerischen Anfängen abstrakt, was die ersten Bilder der späten 30er Jahre in der Ausstellung zeigen. Für ihn musste die Kunst "eine eigene, gänzlich unalltägliche Welt sein". Die Vermischung von Leben und Kunst war ihm ein Kardinalfehler. Abstraktion bedeutet für ihn ein Abgrenzen gegenüber den Strömungen seiner Zeit. Seine Bilder wollen nichts erzählen; sie existieren nur für sich selbst und haben keine über den Malgrund hinausgehende Bedeutung. Reinhardt, der vor seiner Ausbildung zum Maler ein intensives Studium der Kunstgeschichte absolviert hatte, legte seine Haltung gegen jede Vermischung von Kunst und Leben 1952 in dem Manifest Art as Art nieder. Dadurch isolierte er sich von den vielfach anders gelagerten Anliegen der Kunst seiner Zeit. Sein Beiname, der Reine, den er damals erhielt, drückt gleichermaßen Bewunderung und Ironie angesichts der Radikalität seiner Position aus.

Reinhardts Malerei ist am Beginn durch klar definierte geometrische Formen und einen Reichtum an Farben bestimmt. Seine Bilder wirken wie Collagen farbiger Formen, die eine bewegte Spannung zwischen Fläche und Raumtiefe entstehen lassen. Kompositionen, die er in den 1940er Jahren noch mehr vereinfacht. Ab etwa 1950 findet Reinhardt den Weg, der ihn schließlich zu seinen dunklen Bildern führen wird: Großflächige Raster, die alle den gleichen Grundton haben, bestimmen nun den Bildaufbau. Es entstehen die "blauen" und "roten" Bilder, in denen zwar noch deutlich Quadrate und Rechtecke zu erkennen sind, doch sind die Farben der einzelnen Elemente chromatisch so stark angenähert, dass die Farbe und nicht die Form das Werk bestimmt.

Um 1953 entstehen die ersten "schwarzen" Bilder, in denen alle Farbigkeit zu verlöschen scheint. Das Schwarz wird in ihnen simuliert durch grünliche, rötliche und bläuliche Schwarztöne, die eine matte, das Licht absorbierende Fläche ausbilden. Variationen finden nur noch in der sublimen Tönung des Schwarz und im Wechsel zwischen vertikalen und quadratischen Formaten statt. 1960 trifft Reinhardt dann eine grundlegende Entscheidung: ab sofort sind seine Bilder nur mehr "schwarz" und werden allein auf Leinwänden von 5 x 5 Fuß (157,5 cm) gemalt, die in neun identisch große Quadrate geteilt sind. Diese Bilder sind die Essenz seines Schaffens. Kunst ist hier, wonach er so lange gestrebt hatte, kristallisiert und zugleich verborgen im Nichts. Farbe und Form sind bis an die Grenze der Auflösung getrieben. Gleichwohl halten die Bilder durch ihre fast schmerzliche Subtilität eine den Betrachter bereichernde Erfahrung bereit.

Die Ausstellung "Letzte Bilder" zeigt nicht nur selten präsentierte Werke von Ad Reinhardt, sondern geht auch auf die Begegnung zwischen ihm und Josef Albers im Jahr 1952/53 ein. Dabei entwickelte sich zwischen beiden Künstlern ein Gespräch über die Bedeutung der Farbe im malerischen Prozess, insbesondere wenn es darum geht, mit chromatisch eng beieinander liegenden Farben eine visuelle Dynamik zu erreichen. Für Reinhardt war dieser Kontakt mit dem älteren Josef Albers offensichtlich ein wichtiger Impuls auf seinem Weg hin zu den "schwarzen" Bildern. So werden in dieser Ausstellung die Bilder von Reinhardt durch einige Werke von Albers ergänzt.

Zur Ausstellung erscheint im Richter Verlag, Düsseldorf, ein Katalog (176 Seiten, Hardcover) mit einem Essay von Heinz Liesbrock, Abbildungen aller ausgestellten Werke und Texten des Künstlers. Preis EUR 34,-.

Letzte Bilder. Ad Reinhardt
26. September 2010 bis 9. Januar 2011