Als kontinuierliche Erweiterung und Ergänzung seiner Sammlungsbestände kauft das Land Vorarlberg seit 1974 zeitgenössische Kunst an. Verantwortlich für die Ankäufe zeichnet ein im 3-Jahresrhythmus wechselndes Ankäufer:innen-Team, aktuell und zum nunmehr zweiten Male die Kunsthistorikerin Andrea Fink und die Kuratorin Isabella Marte.
Seit 2017 werden die vielfältigen Sammlungszuwächse, zu denen sowohl Erstankäufe junger Kunstschaffender als auch Schlüsselwerke arrivierter Künstler:innen zählen, in einer Kooperation von allerArt Bludenz, vorarlberg museum und Kulturabteilung des Landes Vorarlberg vollständig und zeitnah in einer Ausstellung öffentlich präsentiert. In der aktuellen Schau, die das Bild der lebendigen, gegenwärtigen Kunstszene im Land spiegelt, sind insgesamt 22 Werke von 13 Kunstschaffenden und einem Künstlerinnen-Duo zu sehen, die mit dem im Ankaufsjahr 2023 zur Verfügung stehenden Gesamtbudget von 130.000 Euro angekauft wurden.
Was die Ankaufsstrategie betrifft, so stand für die beiden Ankäuferinnen wie im Jahr davor auch 2023 wiederum die Sammlungsperspektive im Vordergrund. Es wurden Kunstschaffende quer durch alle Generationen hinweg berücksichtigt und der Fokus medienunabhängig auf Hauptwerke gelegt, die die Sammlung sinnvoll ergänzen und immer wieder auch in Ausstellungen gezeigt werden können. Dazu standen die beiden Ankäuferinnen in ständigem Austausch mit dem Museum. Auch die Künstlerinnen und Künstler wurden befragt, mit welchen Werken sie ihrer Ansicht nach sich selbst in der Sammlung vertreten sehen wollten.
Erstankäufe hat es von zwei Künstler:innen gegeben. Nämlich von der 1959 in Klagenfurt geborenen und in Vorarlberg aufgewachsenen Fotografin und Installationskünstlerin Ines Doujak, deren Werke auch schon auf der renommierten Documenta in Kassel zu sehen waren, sowie dem 1986 geborenen und in Bregenz lebenden und multidisziplinär arbeitenden Kunstschaffenden Alexander Stark.
2023 gingen beim Land insgesamt 45 Förderantrage ein. Angekauft wurden zehn zeichnerische Arbeiten, sechs Objekte/Installationen, drei Gemälde, zwei künstlerische Fotografien sowie eine mit Hilfe von KI (künstliche Intelligenz) geschaffene Videoarbeit.
Vom Künstlerinnen-Duo Siegrun Appelt/Constanze Müller beispielsweise wurde mit "Lebensraum" eine Kunstinstallation erworben, in der Kinderstimmen zu hören sind, sowie in geflüsterter Form gekürzte Interviewtexte von Wissenschaftler:innen und Exptert:innen der Velux Daylight Akademie zu den Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Tageslicht. "Als Protagonisten und Protagonistinnen treten sie in der Installation in einen künstlerischen Dialog, der auf wissenschaftlichen Fakten beruht." (Siegrun Appelt / Constance Müller)
Beim Gemälde "Der Handspiegel" von Katja Berger handelt es sich um ein 2020 entstandenes Porträt der Bregenzer Galeristin Lisi Hämmerle. Es stellt eines der ersten malerischen Porträtarbeiten der Künstlerin dar und bildet den Ausgangspunkt für eine Reihe weiterer nachfolgender Personendarstellungen.
Die zwei von Ines Doujak angekauften Arbeiten stammen aus der Serie "Siegesgärten" und wurden bei der Documenta 12 (2007) in Kassel als Teil einer Installation gezeigt, die die ökonomische Erschließung biologischer Ressourcen zumeist in Schwellen- und in Entwicklungsländern thematisiert. Die Hintergründe der Collagen sind historische Originalmalereien von Ch. Schallert aus Bludenz, angefertigt für die K. K. Fachzeichenschule in Feldkirch (Anmerkung: In Feldkirch gab es früher eine öffentliche Fach-Zeichenschule für Weiss- und Buntstickerei, Weberei, Zeugdruck, und Ornamentik mit einem Lehrer und 160 Studierenden, die sich mit dem Ende der Monarchie auflöste). Die vorgegebenen floralen Ornamentierungen überzieht sie mit Fotocollagen üppiger Pflanzen. Die Pflanzenfotos stammen aus botanischen Gärten, deren Geschichte untrennbar mit den kolonialen europäischen Expansionen verbunden sind.
Von Rouven Dürr wurden drei großformatige Tuschezeichnungen mit dem Titel "Überblendung" angekauft. Der Künstler trug dazu zahlreiche Schichten verdünnter Tusche auf. Die schwarzen Zeichnungen auf weißem Grund zeichnen sich durch beeindruckende Klarheit aus.
Der Künstlerin Claudia Larcher wurde 2023 der Österreichische Kunstpreis für Künstlerische Fotografie verliehen. In der angekauften Arbeit "Me myself and I" (2021) setzt sie sich mit "Identität" im digitalen Zeitalter und den entsprechenden Bildproduktions- und Reproduktionsverfahren auseinander, in der diese einer unablässigen Vervielfachung ausgesetzt ist. Larcher hat ein GAN (Generative Adversarial Network) mit 350 Fotografien ihrer selbst (bis zum Alter von 24 Jahren) gespeist, woraus ein kontinuierlich sich verformender Bilderfluss entstand. Die Tonspur der Animation bildet Dialoge, die Larcher mit diversen Chatbots über Identität geführt hat.
Neben diesen Ankaufsbeispielen sei noch darauf verwiesen, dass die Performance-Künstlerin Bella Angora im Rahmen der Ausstellungseröffnung am 25. April (ab 20.00 Uhr) ihr Stück "Leuchtturm" (2021) aufführen wird. Darin befaßt sich Angora mit der Frage, inwieweit Kulturförderungen in Hinblick auf möglichst "freie" künstlerlische Entfaltungen notwendig sind. Die Performerin agiert als neonfarbener Vogel, der die Freiheit in der Kunst symbolisiert.
"Die seit 1974 getätigten Ankäufe der öffentlichen Hand für die Sammlung des Landes tragen für viele Künstlerinnen und Künstler zur Existenzsicherung bei, sind aber auch Ausdruck der Anerkennung und Wahrnehmung ihres Schaffens", erläutert die Vorarlberger Kulturreferentin und Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink. Mit der jährlichen Präsentation in einer Ausstellung wolle das Land zudem dem Wunsch nach Transparenz und Diskurs seitens der Öffentlichkeit, aber auch der Künstlerschaft nachkommen, so die für Kultur zuständige Landesrätin.
Kunstankäufe Land Vorarlberg 2023
Ingmar Alge, Bella Angora, Siegrun Appelt/ Constanze Müller, Linus Barta, Katja Berger, Ines Doujak, Alfred Graf, Claudia Larcher, Christine Lederer, Rouven Dürr, Karl Salzmann, Alexander Stark, Viktoria Tremmel, Uta Belina Waeger
25. April bis 9. Juni 2024
Eröffnung: 25. April, 20.00 Uhr
Mi-Sa, So u. Fe 15-18