Kuba-Krise

Am 17.12.2014 wurde bekannt, dass die USA, nach Anstößen von Papst Franziskus und über diplomatische Kanäle des Vatikan und Kanadas, ihre Beziehungen zu Kuba „normalisieren“ wollen, nachdem schon 2009 Präsident Obama eine Öffnung der USA dafür signalisiert hatte.

Die Freude ist fast allerorten groß und trübt den Blick bzw. filtert das historische Gedächtnis. Das US-Embargo gegen Kuba, hauptverantwortlich für die wirtschaftliche Stagnation des Inselstaates, war und ist nur eine Seite der amerikanischen Politik gegen einen „Schurkenstaat“, der immer noch feindlich gesehen wird. Jetzt werden nur die politischen Instrumente justiert und andere Wege gesucht, die „Frucht“ vor der Haustür zu pflücken.

Jubilanten der Stunde ist empfohlen, die Geschichte der Beziehungen US-Kuba näher anzusehen; nicht nur seit George W. Busch, nicht nur seit John F. Kennedy, sondern seit dem 19. Jahrhundert, vor allem seit dem Pariser Vertrag vom Dezember 1898, worin Spanien seine Kolonie abgab und die Amerikanische Expansion einen weiteren Erfolg verzeichnete. Auf 1898 geht auch die Einrichtung des Militärstützpunktes der USA in Guantanamo zurück, sichtbarer Ausdruck der US-Dominanz, wie im sogenannten „Platt Amendment“ vertraglich festgehalten, womit der unheilvolle Einfluss der USA in der Karibik festgeschrieben wurde. Die Ausbeutung und Unterdrückung wurde durch die Rebellion gegen den US-Lakaien und Diktator Fulgencio Battista, angeführt von Fidel Castro, gebrochen. Die USA revanchierten sich mit einer obstruktiven, völkerrechtswidrigen Belagerungspolitik, die heute noch anhält, und von Obama jetzt eben „normalisiert“ werden soll.

Nichts, was die USA unternehmen, geschieht auf Grund rechtlicher oder moralischer Regeln, sondern nur im Hinblick auf ihre Realpolitik, also Machtpolitik, und Profit. Die unilateral wütende Supermacht kämpft an vielen Fronten, instigiert weltweit Kriege, bestimmt, wer, ob Staat oder Individuum, auf ihrer Terrorliste steht, und nennt es ihr „Recht“, solche Feinde zu jagen, zu töten, zu vernichten. Neben der militärischen Politik werden diplomatisch und geheimdienstlich alle, wirklich alle Mittel eingesetzt, um dieses Ziel zu erreichen und zu stärken.

Die Wirtschaftspolitik ist das zweitstärkste Engagement der Amerikaner. Aber die Ökonomie wird nicht sich selbst, dem sogenannten „freien Markt“ überlassen, sondern streng kontrolliert und gesteuert. Gewisse Deregulierungen stellen da keinen Widerspruch dar, sondern sind Mittel, über eine instrumentalisierte „Offenheit“, insbesondere im Finanzsektor, unterstützt von entsprechenden Gesetzen, abgesichert von speziellen Verträgen und staatlichen Abkommen, ein und dasselbe Ziel zu erreichen: Stärkung der USA, Erhöhung ihrer Dominanz, Steigerung ihrer Profite. Dem wird alles geopfert. Dafür werden Verträge einseitig gebrochen. Dafür werden sogar verbündete und befreundete Staaten ausgespäht, ausgehorcht. Nicht nur wegen militärischer und politischer Daten, sondern auch im Zuge der bestorganisierten Wirtschaftsspionage, wegen der Bevorteilung amerikanischer Unternehmen, amerikanischer Interessen.

Eingebettet wird diese imperiale Obstruktionspolitik durch ein smartes Kulturprogramm und gekaufte bzw. abhängig gemachte Medien, denen auch die Gegenöffentlichkeit über das Internet noch immer nichts Gleichwertiges entgegenzustellen vermag.

In Kuba soll es jetzt um eine Minderung des US-Embargos gehen. In Europa soll es um einen verstärkten amerikanischen Einfluss mittels des Transatlantischen Freihandelsabkommen gehen, dem TTIP, wovon gewisse wesentliche, sensible Verhandlungspunkte immer noch den Öffentlichkeiten geheim gehalten werden. Amerika, das heißt die USA, verstärken den Druck, der in Europa vor allem vom ehemaligen Mutterland Großbritannien vehement unterstützt wird.

Man stelle sich den kleinen Inselstaat vor, wenn schon die Europäische Union in die Knie geht vor dem Freund und Verbündeten. Die Aussicht auf Beendigung des Embargos überdeckt die Folgen, die der offene US-Einfluss wieder gewinnen wird. Kuba war schon öfters, ohne annektiert zu sein, den USA voll und ganz ausgeliefert: US-amerikanische Firmen besaßen fast alles, diktierten die Preise und Löhne, diktierten das Leben.

Heute könnte allein eine Überschwemmungswelle von US-Touristen die Kapazitäten sprengen, die schwache Infrastruktur bersten und brechen, sodass dann „freundlich“, über telegene „Hilfsprogramme“, die USA wieder breiteren Einfluss gewinnen. Kuba würde dann, ganz ohne militärische Intervention und Krieg, endlich den USA in den Schoß fallen, wie sie es seit 1898 visioniert haben.