Die Sommerausstellung "echo*" im Salzburger Kunstverein verbindet die künstlerischen Praxen von Martin Beck und Sung Tieu. Die gemeinsame Präsentation schafft einen Raum, in dem die Resonanz von Klang auf die Gediegenheit der institutionellen Struktur trifft und gleichzeitig zeitliche und räumliche Kontexte erforscht werden.
Ein Schlüsselelement der Ausstellung ist ein kollaboratives Sound Environment in der Ringgalerie, das den Ausstellungsraum des Kunstvereins rahmt. Die Installation umfasst ein komplexes Netzwerk von 28 Lautsprechern, deren Anordnung einen kontinuierlichen Klangraum entstehen lässt. Die abwechselnd von beiden Künstler:innen programmierte Klanglandschaft reicht vom Zirpen der Grillen über heulende Windstöße bis hin zum brausenden Sturm eines Gewitters, wobei jeder Klang dem Raum seine eigene erzählerische und emotionale Tiefe verleiht. Das daraus resultierende Erlebnis ist ebenso fließend und wechselhaft wie die historischen und politischen Kontexte, aus denen Beck und Tieu in ihren individuellen Werken im Ausstellungsraum schöpfen.
Sung Tieu, die für ihren Minimalismus kritischen Ansatz bekannt ist, untersucht die Spannungen zwischen Design und seiner gesellschaftlichen Anwendung. Ihre Installationen zwingen uns, die unsichtbaren Schichten politischer Erzählungen, die in alltägliche Räume eingewoben sind, zu betrachten. Tieu zeigt zwei Digitaluhren, die jeweils auf verschiedene Zeitzonen eingestellt sind und mit dem weltweiten Auftreten des Havanna-Syndroms in Verbindung stehen. In einer neuen Auftragsarbeit aus der Serie "Newspapers 1969–ongoing" verschränkt Tieu persönliche Biografie mit den institutionellen Mechanismen des Kunstvereins. Die Zeitung fungiert als skulpturales und textliches Element, das die Grenzen zwischen Archiviertem und Unmittelbarem, zwischen Faktischem und Imaginärem verwischt.
Martin Becks künstlerische Praxis beschäftigt sich mit Prozessen der Bildwerdung, die unser Verständnis von visuellen und auditiven Kulturen erweitern. Zentral für seinen jüngsten Werkkomplex sind elf Schallplatten mit dem Titel "environments", veröffentlicht zwischen 1969 und 1979 als psychoakustische Hilfsmittel zur Steigerung von Produktivität und Wohlbefinden. Beck hinterfragt diese Behauptungen und öffnet den Blick auf die Rhetorik einer aufstrebenden Industrie jener Zeit. Darauf aufbauend präsentiert er vier großformatige Zeichnungen eines Dickichts von Farnblättern, die sich mit Themen wie Ort, Klang, Aufgaben und Zeit beschäftigen. Weitere Arbeiten greifen in die Cover der Schallplattenserie ein, um die visuellen und verbalen Dimensionen hervorzuheben, die mit dem paradoxen Druck von Selbstfürsorge und Selbstkontrolle in der zeitgenössischen kapitalistischen Kultur verbunden sind.
Die Gegenüberstellung der Werke von Beck und Tieu erlaubt eine Reflexion darüber, wie psychologische und physische Räume gestaltet werden, und ermöglicht es, Echos nicht nur als auditive, sondern auch als eine historische und kulturelle Erfahrung zu verstehen.
Martin Beck, Sung Tieu
echo*
13. Juli bis 8. September 2024