Jugendstil-Zinn aus Köln

"Kayserzinn" ist heute beinahe ein Synonym für außergewöhnlich qualitätvolles deutsches Jugendstil-Zinn. 1895 gründete Engelbert Kayser (1840-1911), in Köln ansässiger Kunsthändler und Unternehmer, die gleichnamige Handelsmarke mit dem Ziel, das noch historistisch geprägte Edelzinn der von seinem jüngeren Bruder Johann Peter Kayser geleiteten elterlichen Krefelder Metallwarenmanufaktur in den beginnenden neuen Stil der Epoche um 1900, den Jugendstil, zu überführen.

In seinem eigens eingerichteten Kölner Entwurfsatelier entwickelten mehrere renommierte Bildhauer und Künstler, darunter Hugo Leven, Hermann Fauser und Karl Berghof, unter der Ägide des gelernten Zinngießers Kayser zwischen 1896 und 1906 einen charakteristischen, im europäischen Rahmen höchst eigenständigen, noblen Stil. Die höchste formale und materielle Qualität von Kayserzinn wurde auf den Weltausstellungen in Paris 1900 und in St. Louis 1904 sowie auf der epochalen Turiner Kunstgewerbeausstellung 1902 mit Goldmedaillen ausgezeichnet. Gleichzeitig entwickelte sich Kayserzinn zu einem enormen wirtschaftlichen Erfolgsmodell. Das Krefelder Familienunternehmen, in dem die Kölner Entwürfe von hochbegabten Zinngießern und Graveuren umgesetzt wurden, beschäftigte zeitweilig bis zu 800 Mitarbeiter.

Das neue, bleifreie, wegen des Antimongehaltes oft so genannte "Silberzinn" sollte nicht nur modernsten künstlerischen Ansprüchen genügen, sondern auch der hochwertigen ästhetischen Ausgestaltung der Wohnung und dem Gebrauch an der kultivierten Tafel dienen. Neben (schon elektrischen) Lampen, prunkvollen Leuchtern, dekorativen Bilderrahmen, Pokalen, aufwändigen Jardinieren, Blumenübertöpfen, schmuckhaften Vasen, Dosen, Rauchservicen und Schreibgarnituren – daneben Abendmahlskelchen und Taufgeschirren - entwickelten die Künstler deshalb auch prächtige Tafelaufsätze, phantasievolle Präsentier-, Obst- und Konfektschalen, floral oder abstrakt dekorierte Kaffee-, Tee-, Bier- und Likörservice sowie umfassende, nobel geformte und bisweilen sogar bildhaft und figürlich geschmückte Geschirrsätze, deren Oberflächen in dem von Zeitgenossen gerühmten "warmen Silberglanze" erstrahlten. Noch heute ist, nicht nur für die zahlreichen Sammler, die Faszination nachvollziehbar, die diese außergewöhnlich schöne Erscheinung des Jugendstils in ihrer Blütezeit ausgeübt hat.

Alle Kayserzinn-Güsse trugen ihr eindeutiges Markenzeichen und die Modellnummern der 4000er-Serie, unter denen sie in den Kayserschen Geschäftsfilialen in Köln, Berlin, Frankfurt, Wiesbaden und Paris geordert werden konnten.

Die singuläre Ausstellung, die erste zum Thema überhaupt, entwirft – anhand von seltenen persönlichen Fotografien, Kunstwerken und Dokumenten – ein plastisches, facettenreiches Bild der Person Engelbert Kaysers und zeichnet ihren Lebensstil und ihr Wirken in der Zeit nach. Sein Lebenswerk wird mit einer Auswahl von rund 150 der bemerkenswertesten, seltensten und schönsten Kayserzinn-Stücken ausführlich gewürdigt.

Zur Ausstellung erscheint ein monographischer, zweisprachiger Katalog (deutsch-englisch) zu Leben und Werk von Engelbert Kayser und zur Geschichte der Firma J.P. Kayser, Krefeld. Der Katalog bietet das erste vollständig fotografisch illustrierte und kommentierte Werkverzeichnis fast aller rund 1.000 bekannten und belegten Modellnummern von Kayserzinn.

Kayserzinn – Engelbert Kayser
Jugendstil-Zinn aus Köln
4. September bis 20. November 2011