Jugendstil und Secession

Das Leopold Museum zeigt vom 18. Juni bis 27. September 2010 in Kooperation mit dem Institut Mathildenhöhe Darmstadt die bisher umfassendeste Ausstellung zum Werk des Künstlers und Architekten Joseph Maria Olbrich (1867-1908). Die große Retrospektive des Architekten und Universalkünstlers Joseph Maria Olbrich präsentiert mit rund 300 Exponaten das Schaffen Olbrichs und setzt es in den ästhetischen Kontext der Wiener Moderne. Zu den Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Deutschland, Österreich und den USA gehören Möbel, Textilien, Zeichnungen und Aquarelle.

Joseph Maria Olbrich ist eine der herausragenden Persönlichkeiten in Architektur und Kunstgewerbe der Jahre um 1900 und eng verbunden mit der Entwicklung moderner Formen- und Lebenswelten. Sein 100. Todesjahr 2008 gab Anlass zu einer neuen, vertiefenden Beschäftigung mit seinem überaus komplexen Werk, dessen Spektrum von der Baukunst über die Innendekoration und die Gartenplanung, die angewandte Kunst bis zur industriellen Formgestaltung reicht. Ein im Juli 2008 vom Institut Mathildenhöhe veran- staltetes wissenschaftliches Symposium eröffnete der Forschung wie dem öffentliche Interesse neue Zugänge zum Gesamtwerk Olbrichs. Die Ergebnisse des damit angestoßenen theoretischen Diskurses sollen, ebenso wie vielfältige, teils neu zu Tage geförderte Entwürfe, Pläne und Objekte in eine umfassende Olbrich-Retrospektive einfließen. Diese wird in Darmstadt und Wien stattfinden, den beiden Hauptwirkungsstätten Olbrichs, und zahlreiche Exponate aus Sammlungen in Deutschland, Österreich und den USA präsentieren.

Das für die vorletzte Jahrhundertwende geradezu exemplarische Werk Olbrichs kann, trotz der kurzen Zeitspanne, in der es entstand, bislang kaum überschaut werden. Vor 26 Jahren fand die letzte große Olbrich-Ausstellung statt, deren Katalog seit langem vergriffen ist. Eine umfassende Monografie des Künstlers fehlt bis heute. Olbrich gilt als zentrale Gestalt der Reformbestrebungen um 1900, er beeinflusste und prägte die Ideen der nachfolgenden Generationen. So bezogen die Baumeister der Moderne wie Erich Mendelsohn, Bruno Taut und Le Corbusier wichtige Anregungen aus den typischen Gestaltungselementen Olbrichs. Da viele Werke Olbrichs durch Kriegseinwirkungen zerstört wurden und die Dokumente zum Schaffen des Architekten an den verschiedensten Orten verstreut sind, ist die Bedeutung des früh verstorbenen Künstler-Architekten im öffentlichen Bewusstsein nicht annähernd so verankert wie etwa die seiner Zeitgenossen Henry van de Velde, Josef Hoffmann oder Peter Behrens. Olbrich ist immer noch der "große Unbekannte", dessen Bedeutung oft unterschätzt wird.

Olbrich war ein universal schaffender, dem um 1900 virulenten Ideal der Verschmelzung von Kunst und Leben verpflichteter Architekt. Anhand der exemplarischen Rekonstruktion einzelner Projekte mittels originaler Entwürfe, Modelle, historischer Aufnahmen, Dokumente und Objekte lässt sich der beeindruckende Reichtum an Ideen darstellen. Im Hinblick auf die Entwicklung der Architektur im 20. Jahrhundert wird das schöpferische Potential Olbrichs anhand seiner Beiträge zu Bauaufgaben wie etwa der "Gartenstadt" oder dem "Kleinwohnungsbau" dargelegt. Ein wichtiger Aspekt ist die "Lebensreform", ein Gedanke, der die Epoche um 1900 prägte und den Olbrich durch eine alles umfas- sende und harmonisierende Gestaltung zu umzusetzen suchte. Mit der Präsentation bislang wenig beachteter Bereiche seines Schaffens, wie etwa der Gartenkunst und der Untersuchung gezielter Fragestellungen, wie die nach der konkreten Zusammenarbeit des Künstlers mit seinen Produzenten beschreitet die Ausstellung ebenfalls neue Wege. Die Kooperation mit dem Leopold Museum in Wien, das die weltweit größte Sammlung zur österreichischen Kunst um 1900 besitzt, macht es außerdem möglich, die künstlerische Verankerung Olbrichs in der Wiener Moderne anhand bedeutender Exponate von Otto Wagner, Koloman Moser oder Gustav Klimt eindrucksvoll vor Augen zu führen.

Ziel von Ausstellung und Katalog ist eine zeitgemäße Darstellung und Würdigung des Universalkünstlers Olbrich, die breite Öffentlichkeit und ein internationales Fachpublikum gleichermaßen anzusprechen und zu begeistern. Als Begleitband zur Ausstellung wird eine Monografie erstellt, die neben der umfassenden Präsentation von Olbrichs Werk anhand von vielfältigem und zum Teil bislang unveröffentlichtem Quellen- und Bildmaterial die aktuelle Forschungsergebnisse be- inhaltet und damit ein Standardwerk werden wird. Unter anderem wird Olbrichs wegweisende Rolle für die Entwicklung der modernen Architektur im 20. Jahrhundert und die prägende Wirkung seiner Entwürfe auf nachfolgende Architektengenerationen beleuchtet. An seinem Werk kann exemplarisch die Bedeutung von Architektur und Kunst als Elemente moderner Lebensgestaltung in der Reformbewegung um 1900 dargestellt werden. Ein Ziel des Projektes ist es demnach, die Aktualität Olbrichscher Ideen für den Städtebau und die Gestaltung von Wohn- und Lebensraum aufzuzeigen.

Jugendstil und Secession
18. Juni bis 27. September 2010