Joe Sacco - Comics Journalist

Der in Amerika lebende maltesische Journalist und Zeichner Joe Sacco (*1960) hat das Genre der gezeichneten Reportage wiederbelebt, weiterentwickelt und perfektioniert – er gilt als der weltweit bedeutendste Vertreter des "Comics Journalism". Das Cartoonmuseum Basel ermöglicht mit rund 150 Originalen erstmals in Europa einen umfassenden Überblick über das Werk dieses prägenden Künstlers. Die Retrospektive im Cartoonmuseum Basel zeigt die Entwicklung und den Weg des Ausnahmekünstlers Joe Sacco – von den Anfängen als Cartoonist über erste autobiografische Comics bis zu den bekannten, mehrere hundert Seiten umfassenden Comicreportagen "Palästina", "Bosnien" und "Gaza".

Ebenfalls mit Originalen vertreten sind die neuesten Arbeiten: "The Great War", ein wortloses und berührendes Panorama zur Schlacht an der Somme im Ersten Weltkrieg, und Ausschnitte aus "Bumf Vol. 1", einer Satire zum Thema Macht. Saccos Comics aus Krisengebieten gewähren einen vertieften Einblick in Regionen der Welt, in denen Ausgrenzung, Hass, Verfolgung und Krieg an der Tagesordnung waren oder sind. Sie verleihen Menschen, die unter gewaltsamen Konflikten leiden eine Stimme und ermöglichen Verständnis und Anteilnahme. Für seine Arbeit wurde der Künstler mit dem American Book Award, dem Eisner Award und der Guggenheim Fellowship ausgezeichnet.

Sacco hat 1981 an der University of Oregon in Portland (USA) einen Bachelor als Journalist erhalten. Bevor er mit seinen Reportagen aus Krisengebieten im Nahen Osten und im Balkan bekannt wurde, war er für den amerikanischen Verlag Fantagraphics Books tätig, arbeitete für mehrere Zeitungen als Cartoonist und veröffentlichte diverse politische, satirische und autobiografische Comicstrips. Darunter seine auf Reisen entstandene Comicheftserie "Yahoo", in der auch eine seiner frühen Reportagen "In the Company of Long Hair" erschien, die aus satirischer Distanz von der Europatour der US-amerikanischen Punkrockband "The Miracle Workers" erzählt, die er Ende der Achtzigerjahre begleitete. Zwischen seinen Reisen, die ihn zum Beispiel nach Berlin und an die Orte geführt haben, die er in seinen Reportagen schildert, ist Joe Sacco wiederholt in seine Heimat Malta zurückgekehrt. Momentan lebt und arbeitet er in Portland, Oregon (USA).

Joe Sacco nimmt als einer der ersten den historischen Faden der gezeichneten Reportage, die Anfang des 20. Jahrhunderts von der Fotografie verdrängt wurde, wieder auf. Mit seiner 1996 erstmals komplett erschienenen Reportage "Palästina" zeigt er, dass sich mit dem Comic eine differenzierte und glaubhafte Reportage erzählen lässt. Damit öffnet er dem Comic nicht nur eine Tür zu neuen Inhalten, sondern schenkt ihm auch ein neues Publikum. Seine Comicreportagen nähren sich vor allem aus Gesprächen vor Ort, aber auch aus intensiven Recherchen, Skizzen und Fotos. Der Künstler entwickelt aus Aussagen und Zeugnissen einen Erzählstrang und übersetzt diesen in Bilder, die er mit dem Text verwebt und in eine stimmige Balance bringt. Als Zeichner arbeitet Sacco fast immer schwarz-weiss, die in klaren Linien gehaltenen Figuren sind leicht stilisiert, seine Hintergründe gestaltet er meist realistischer.

Joe Sacco wurde am 2. Oktober 1960 in Kirkop, Malta, geboren. Mit 9 Jahren zog er mit seinen Eltern nach Australien und 1972 in die USA. Er studierte an der Universität von Oregon Journalismus und schloss das Studium 1981 ab. 1983 kehrte er nach Malta zurück und veröffentlichte seine ersten graphischen Arbeiten – eine Serie von Liebesgeschichten. Zwei Jahre später zog er in die USA zurück und war Co-Herausgeber der Monatszeitschrift Portland Permanent Press. 1986 lebte Sacco in Los Angeles, wo er als Mitarbeiter von "Fantagraphics Book" im neu aufgenommenen Bereich "The Comics Journal" arbeitete. Zudem gründete er das Magazin "Centrifugal Bumble-Puppy".

Zwischen 1988 und 1992 reiste er um die Welt und produzierte dabei sechs Comic-Bände unter dem Titel "Yahoo" für "Fantagraphics Books". Ende 1991 hielt er sich für zwei Monate in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten auf. Das dort erlebte liess ihn nicht mehr los und er setzte seine gesammelten Notizen und Eindrücke in einer Reihe von Geschichten um, in denen er das Genre der Reportage mit dem Comic verband. Das Sammelwerk "Palästina", das 1993 veröffentlicht wurde, war das Resultat seiner Arbeit. 1996 gewann er mit "Palästina" den "American Book Award" und die Reportage und war für den prestigeträchtigen "Harvey Award" nominiert. Zudem setzt Sacco damit neue Standards für den Gebrauch des Comics als dokumentarisches Medium.

Sacco war schon zwischen 1995 und 1996 vier Mal in der bosnischen Enklave Goražde. Daraus entstand die Reportage "Safe Area Gorazde: The War In Eastern Bosnia", die im Jahr 2000 veröffentlicht wurde (die deutsche Ausgabe erschien 2010 unter dem Titel "Bosnien"). Das Buch erhielt sowohl in Amerika wie auch im deutschsprachigen Raum ein sehr grosses und positives Medienecho. Im April 2001 erhielt er das "Guggenheim Fellowship" und 2003 folgte mit "The Fixer" und 2005 mit "War’s End" (als deutsche Ausgabe im Jahr 2015 zusammen unter dem Titel "Sarajevo" erschienen), weitere Werke, die in Bosnien angesiedelt sind.

Während dem Jahr 2004 war er "The Staff Cartoonist" für "The Washington Monthly" und kreierte eine Serie von zweiseitigen satirisch-politischen Comic-Strips. 2009 veröffentlichte er mit "Footnotes in Gaza" (deutsche Ausgabe «Gaza», 2011) eine Art Fortsetzung von "Palästina". Es folgen weitere kleinere Reportagen aus den Ländern Indien, Irak und Malta. Im Jahr 2014 erscheint sein Leporello und das chronologisch gezeichnete Panorama des ersten Tages der Schlacht an der Somme während des Ersten Weltkrieges. Zuletzt erschienen, im November 2014, ist seine politische Satire "Bumf". Joe Sacco lebt und arbeitet heute in Portland, Oregon.


Joe Sacco - Comics Journalist
7. November 2015 bis 24. April 2016