Der Manor Kunstpreis Aarau 2024 wird alle zwei Jahre zur Förderung junger Schweizer Kunst vergeben. Die Auszeichnung bietet Anlass für eine Einzelausstellung mit Publikation im Aargauer Kunsthaus, die im Frühling 2025 eröffnet wird.
In verschiedenen Medien wie Installation, Performance, Poesie, Soundarbeiten, Zeichnung oder Objekt setzt sich Ishita Chakraborty mit politischen Themen auseinander. Ihr Fokus liegt auf Themen wie Migration, Kolonialismus, Identität und Sprache. Dabei untersucht sie die Strategien und den Diskurs des Widerstands. Durch ihre Kunst möchte sie Menschen eine Stimme geben, die kaum zu Wort kommen. "Wer spricht?” oder "Wer und was wird gehört?” sind dabei zentrale Fragen ihrer Praxis. Die daraus resultierenden Antworten entstehen meist in einem gemeinsamen Prozess mit der lokalen Bevölkerung. Chakraborty arbeitet partizipativ. Sie organisiert Workshops, bringt verschiedene Menschen aus der Region zusammen und schafft dabei einen Rahmen für Austausch.
Ein Beispiel dafür ist das Werk "Europa" (2019-heute), das in der Ausstellung Auswahl 2021 im Aargauer Kunsthaus gezeigt wurde. Die skulpturale Installation setzt sich aus hunderten von Pilzen aus unglasiertem Ton zusammen. Handgefertigt wurden sie von geflüchteten Personen, Migrantinnen und Migranten und Einheimischen in verschiedenen Erdtonfarben. Während diverser Workshops erzählten sich die Teilnehmenden ihre persönlichen Geschichten, unterhielten sich in ihrer Muttersprache und assen zusammen. In diesem partizipativen Werk stellt Chakraborty existentielle Fragen des menschlichen Daseins zu Individualität und Diversität, zu Ausgrenzung und Zugehörigkeit.
Gemeinschaftsbasierte Projekte denkt sich Chakraborty auch im öffentlichen Raum aus. Kunst soll für alle zugänglich sein und auch ausserhalb von grösseren Städten und Kunstzentren stattfinden, wie die Künstlerin sagt. Dies setzt sie beispielweise mit Arbeiten wie dem Oral-History-Projekt "Whispering Benches" (2022-heute) um, in dem Holzbänke mit integrierten Tonspuren in unterschiedlichen Ortschaften platziert werden. Passantinnen und Passanten sind dabei eingeladen, verschiedenen Geschichten über Migrationserfahrungen zuzuhören.
In ihren jüngsten Projekten untersucht Ishita Chakraborty, wie sich existenziellen Themen mit ökologischen Fragen verbinden und führt altes mit neuem Wissen zusammen. In der Installation "Exotic plants in the Garden - what to do?" (2022-heute) werden beispielsweise Erzählungen von freiwilliger oder erzwungener Migration mit der Geschichte von Pflanzen und Tieren verknüpft. Dadurch vertieft die Künstlerin die engen Verflechtungen zwischen kolonialem Erbe und heute als Neophyten geltender Flora und Fauna.
Der Manor Kunstpreis, der im Jahr 2022 das 40-jährige Bestehen feierte, ist einer der wichtigsten Förderpreise des zeitgenössischen Kunstschaffens in der Schweiz. Er wurde 1982 von Philippe Nordmann ins Leben gerufen, um jungen Schweizer Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten. Er wird von einer Fachjury jährlich und alternierend in den Städten Aarau, Basel, Biel, Chur, Genf, Lausanne, Luzern (für die Zentralschweiz), Lugano, Schaffhausen, Sitten, St. Gallen und Winterthur vergeben.
Ishita Chakraborty ist 1989 in Westbengalen (Indien) geboren. Sie hat an der Rabindra Bharati University in Kolkata sowie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdk) Bildende Kunst studiert. Heute lebt und arbeitet sie in Möriken, Aargau.