Die systematischen Vorbereitungen eines Krieges des sogenannt freien Westens, der sich als die "freie Welt" versteht, gegen den Iran, laufen schon länger. Sie wurden intensiviert durch den neuen Kampfplatz Syrien, wozu die westliche Presse beweist, wie ernst sie das Geschäft der Desinformation und linientreuen Propaganda nimmt.
Nirgends wird gefragt, geforscht, nachgeprüft, wer die rebellischen Terroristen und Warlords finanziert und mit Waffen versorgt. Permanent richtet sich der Sprachgebrauch in den dünnen Berichten und breiten Deutungen auf ein dichotomes, altbekanntes Freund-Feind-Bild ein, in dem die Oppositionellen stets "die Guten" sind, die eine gerechtfertigte Sache vertreten, während die Regierung, das Assad-Regime, immer als barbarisch und kriegsverbrecherisch denunziert wird. Doch so klar und einfach liegen die Dinge nicht.
Es fragt sich auch niemand, wie etwa europäische Staaten, z. B. Großbritannien, das rigoros gegen den früheren IRA-Terror kämpfte, der nie als Befreiungskampf anerkannt wurde, oder Spanien, das seine blutigen Erfahrungen mit der ETA hat, reagierten, wenn ausländische Mächte Oppositionsbewegungen derart massiv mit Waffen, Logistik, Know How und Finanzen aufrüsteten, dass ein Bürgerkrieg das Land vor die Existenzfrage stellte. Ein ähnliches Szenario wäre in Israel oder den USA überhaupt unvorstellbar. Dort würde die Armee bzw. die National Guard sofort in aller Härte antworten. Das nur zu Erinnerung.
Aber Syrien ist ein Markstein in der umfassenderen Strategie, die Vorherrschaft Israels und des Westens in dieser "Zone" zu sichern bzw. zu stärken und auszubauen. Im Iran hat das schon vor dem 1. Weltkrieg begonnen, und setzte sich nach dem 2. Weltkrieg konsequent fort. Kurz nach dem letzten großen Krieg war Großbritannien praktisch vor dem Bankrott und wollte auf keinen Fall den Verlust der profitablen Öleinnahmen aus dem Iran hinnehmen, der sich durch die Verstaatlichung durch den Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh ergab. Da die Briten damals für eine eigene Intervention zu schwach waren, ließen sie ihre bekannt guten diplomatischen Dienste spielen und gewannen dafür die paranoid nervöse amerikanische Regierung, vertreten durch den am 20.1.1953 ins Amt gesetzten 34. Präsidenten der USA, General Dwight D. Eisenhower sowie vor allem John Foster Dulles, Secretary of State und seinen Bruders Allen Welsh Dulles, Director of Central Intelligence. Diese waren fanatische Antikommunisten, die überall die freie Welt in Gefahr sahen und daher alle hegemonialen Bestrebungen der USA als nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig ersahen. Die Doktrinen von Mr. Eisenhower wurden folgerichtig exekutiert, was sich drastisch ausdrückte in Atomschlagdrohungen gegen China zur rascheren Beendigung des Koreakrieges (1950-1953) zugunsten der USA, in der atomaren Abschreckung [nachdem die praktische Anwendung der modernsten Massenvernichtungswaffe von Vorgänger Truman in zwei Atombombenabwürfen unter Beweis gestellt worden war], dem Konzept der Domino-Theorie, der Formosa-Resolution und der Inszenierung der Suez-Krise.
Am 19.8.1953 wurde der demokratisch gewählte Ministerpräsident Mossadegh gestürzt, kam ins Gefängnis und beendete sein Leben im Hausarrest, da der Shah, 1941 nach der von den Sowjets und Briten erzwungenen Abdankungen seines Vaters als neuer Monarch eingesetzt, den populären Politiker doch nicht zum Märtyrer machen wollte.
Die Art, wie britische und amerikanische Agenten und Gefolgsleute den Umsturz durch ihren coup d"etat, die sogenannte "Operation Ajax" inszenierten, ist ein prominentes Lehrstück westlicher Hegemonialpolitik, das überraschend aktuelle Züge zu den gegenwärtigen Obstruktionsbemühungen zeigt. Überaus deutlich ist auch die verhängnisvolle Rolle der Massenmedien, direkt und indirekt, als Teil dieser Politik.
Das alles ist belegt und mehrfach publiziert. Zwar haben die Briten die Dokumente ihres SIS (Secret Intelligence Service) nicht freigegeben, wohl aber die USA, wo durch den FOI-Act Einsicht in die entsprechenden Dokumente der Operation Ajax möglich wurde, was zu etlichen Analysen und Studien führte, die nun nicht nur aufgrund bisher öffentlicher Quellen argumentieren konnten, sondern neuer, bislang geheimgehaltener.
Eine vor Kurzem erschiene Biographie von Mohammad Mossadegh des jungen britischen Journalisten Christopher de Bellaigue, Jahrgang 1971, der sich auf Arbeiten zu Themen in Verbindung mit der Türkei und dem Iran spezialisiert hat, und Korrespondent namhafter Zeitungen und Zeitschriften ist, vertieft verdienstvoll das Bild, das man bereits kennt. "Patriot of Persia: Muhammad Mossadegh and a Very British Coup" (die amerikanische Ausgabe hat den Untertitel "Muhammad Mossadegh and a Tragic Anglo-American Coup") wurde auch in amerikanischen und britischen Blättern gelobt, nicht zuletzt in der London Review of Books bzw. The New York Review of Books.
Die Biographie liefert nicht nur ein Lebensbild der umstrittenen Persönlichkeit, sondern legt die Historie eines Landes dar, das seit langem zum Spielball ausländischer Mächte geworden war, die sich an seinem Reichtum bedienten. Kennt man diese Geschichte, werden die extremen Gegenreaktionen des gegenwärtigen Regimes verständlicher. Pankaj Mishra notiert hellsichtig in seiner Besprechung in der LRB (21.6.2012): "War between Iran and the United States has never seemed more likely than in recent months, as American politicians and journalists dutifully endorse Binyamin Netanyahu"s bluster. There is little sign in the mainstream press here or in the US that anyone is paying attention to de Bellaigue and other knowledgable writers on Iran."
Wie wahr. Im Gegenteil, die wütende, hysterische Kriegsfront wird gestärkt, die Rufe nach dem starken Mann, nach Führungsstärke durch Krieg, nach dem starken Hegemon, wie einige ganz Dumme unumwunden fordern, schwillen an. Es scheint, der niedere Bildungsgrad der Bevölkerung, die generelle Uninformiertheit sowie die gesteuerten Ängste und Hysterien spielen den Kriegstreibern wieder einmal in die Hände. Krieg war und ist ein Geschäft. Am Beispiel Iran könnte man lernen, wenn man wollte.