Mit Rebecca Horn ist am Freitagabend eine der wichtigsten Künstlerinnen der Gegenwart im Alter von 80 Jahren verstorben. Horn, die vielfach internationale ausgezeichnet wurde, schuf sowohl Skulpturen, Installationen und Performances wie auch literarische Texte. Zudem schrieb sie Drehbücher und führte Regie von Filmen sowie Opern.
Rebecca Horn kam 1944 in Michelstadt im Odenwald zur Welt und studierte in Hamburg und London. Bis 1981 lebte und arbeitete sie überwiegend in New York, später auch in Paris. 1989 übernahm sie eine Professur an der Berliner Hochschule der Künste. Seit 2007 baute sie die frühere Fabrik ihrer Familie im Odenwald zu einem Kunstzentrum aus.
Mit einem poetischen, rätselhaften und vielschichtigen Werk hat sich die gebürtige Hessin ins Gedächtnis eingeschrieben. Ihr künstlerisches Schaffen begann Horn während eines zweijährigen Klinikaufenthalt in der Studienzeit. Um die Isolation nach einer schweren Lungenentzündung und dem Tod der Eltern zu durchbrechen, beginnt Horn mit dem Schreiben und Zeichnen. Der menschliche Körper, Eros und Tod, Gewalt und Trauer werden zum Leitmotiv.
Berühmt wurde Horn unter anderem durch ihre magischen Kunstmaschinen, bei denen sie Objekte wie Koffer, Geigen oder Röhren in geheimnisvolle Bewegung versetzte. Zu den bekanntesten Arbeiten gehört der "Schildkrötenseufzerbaum", aus dessen Schalltrichtern klagende Töne in vielen Sprachen dringen.
In den 1980er- und 1990er-Jahren schuf sie Installationen zur Sichtbarmachung verborgener Negativkräfte, darunter 40 Meter lange Aschewände für das KZ Buchenwald und reversive Konzerte, die in einem NS-Gefängnisstadtmauerturm in Münster dargestellt waren. Eine Weiterentwicklung in ihrem Schaffen war die Verwendung mechanisch spielender Musikinstrumente (Klaviere, Violinen), die sich wie Raubvögel vom Himmel stürzten. Die dissonanten Klänge in ihren Filmen und Videos nahmen oftmals ohrenbetäubende Ausmaße an.
Das amerikanische Guggenheim Museum widmete ihr schon 1993 eine große Retrospektive, die später als Wanderausstellung durch Europa ging. Weltweit gab es von New York bis London, von Paris bis Tokio mehr als 100 Einzelausstellungen ihres Werks, 2006 auch im Berliner Martin-Gropius-Bau. Zu ihren zahllosen Auszeichnungen gehörte 2010 der japanische Praemium Imperiale, einer der renommiertesten Kunstpreise der Welt.