Holiday on Ice. Die hohe Kunst des Eislaufens und der Showeffekte

"Wo geht´s denn zur Eisrevue?" ist zu hören, und ja, Wiener Eisrevue war einmal, nämlich ab 1958 zur Eröffnung in der Wiener Stadthalle. Die internationale Produktion Holiday on Ice gastiert hingegen seit 1974 alljährlich ebendort und feiert heuer das 80-jährige Jubiläum. Gestartet als kleine Eis-Show in einem Hotel in den USA, entwickelte sich Holiday on Ice zum global agierenden Eiskunstlauf-Entertainment für inzwischen mehr als 330 Millionen Besucherinnen.

Wir wollen uns bezaubern lassen, und wenn in der tiefblauen Dunkelheit glitzernde Sternenwesen im Klang der mystischen Musik von der Decke und über die Eisfläche schweben, scheinen sich bereits alle Erwartungen zu erfüllen. 3.200 einzelne LED-Punkte wurden in Handarbeit auf die Kostüme genäht, ist zu erfahren, und im Endeffekt bleibt eigentlich doch nur die bombastische Kostümwelt (300 individuelle Teile!), die es vielleicht mit den herbeizitierten Assoziationen eines Cirque du Soleil aufnehmen könnte. 

Die Figuren entpuppen sich als Außerirdische, uniform, monochrom weiß, in stereotypen Bewegungen. Aurora fällt auf, beziehungsweise heraus. Plötzlich findet sie sich in einem Salon des 18. Jahrhunderts wieder, wo die neuen Entdeckungen der Welt heftig diskutiert werden. Vor lauter üppigen Kostümen übersieht man das weißgewandete Wesen, zu sehr lenkt das Durcheinander der Wissenschaftler ab, die nach Anerkennung heischen, unter Elektroschock gesetzt werden, plötzlich als Einstein abtransportiert werden … Der Zeitensprung in die Jetztzeit bringt Erleichterung. Wir können der Geschichte wieder folgen: Aurora trifft Adam. Er ist fasziniert von ihr, zieht ihr die Sternen-Tarnkappe vom Kopf (steckt diese – nicht gerade empathisch – einfach in die Hosentasche!), und will sie von der Schönheit seiner Welt überzeugen: mit den leuchtenden Farben, mit der Schönheit der Natur, den Pflanzen, den Tieren, der (etwas unheimlichen) Sonnengöttin, die wohl den "New Day" verbildlicht. 

Die Kostüme spielen dabei alle Stücke. Schon faszinierend, doch immer wieder bleibt das Szenenbild im Aufmarsch und gefälligen Drehen der Figuren in ihrer Pracht stecken. Zwei Paare geben mit Eistanz- und Paarlaufsequenzen ihr Bestes, damit Aurora auch das soziale Zusammenleben entdecken kann. Nach einer dramatischen Entführung kann Aurora durch die Kraft des bereits Erlebten und der Liebe in die Welt Adams zurückkehren, auch die Außerirdischen bekommen zum Schluss etwas Farbe ab, Happy End und ein neuer Tag beginnt.

Dass Creative Director Francisco Negrin Spektakel kann, steht außer Zweifel. Er inszenierte bereits an führenden Opernhäusern und für internationale Arena- sowie Stadionprojekte. "Ich sehe einfach ein großartiges Kaleidoskop aus den unzähligen Ausdrucksformen, die sich Menschen im Laufe der Geschichte und in allen Kulturen ausgedacht haben, um Emotionen auszudrücken. Holiday on Ice ist die ultimative Welt, in der all die Sprachen von Musik, Theater, Akrobatik, Beleuchtung, Bühnentechnik und Video in einer spektakulären Verschmelzung zusammenkommen, und hier spielt sich noch dazu alles auf dem Eis ab, mit dieser zusätzlichen Spannung eines anspruchsvollen Spitzensports."

Und das Publikum darf staunen über Doppel-Axel und Dreifach-Toeloop wie Dreifach-Salchow der beiden Protagonisten Brynne Mc Isaac als Aurora – sie startete bereits für das Team-USA bei Junioren-Grandprix – und Adam, in persona Gabriel St. Jean, der es in seiner Eislaufkarriere unter die Top Ten der kanadischen Junioren brachte. Dass das Weltklasse-Niveau inzwischen bei allen Sprüngen Vierfach angelangt ist, und „Quad-God“ Ilija Malinin, der amerikanische Meister, bei Wettbewerben den Vierfach-Axel lupenrein auf das Eis bringt, spielt sich natürlich in ganz anderen Dimensionen ab. 

Zur Faszination „Eiskunstlauf“ vermag die Show in der Wiener Stadthalle jedenfalls maßgeblich beitragen, und etwas sentimental kommen die Erinnerungen an Eisrevue und die „goldenen“ Zeiten hoch. Wenn dann tatsächlich noch Trixi Schuba, die Olympiasiegerin von 1972 in Sapporo – wir erinnern uns an die einzige Goldmedaille, die bei diesen Spielen für Österreich gewonnen wurde – bei der Premiere anzutreffen ist, war das wirklich ein besonderes Erlebnis.

 

Holiday on Ice „A New Day”
17.1. bis 28.1. in der Wiener Stadthalle
Zum Abschluss: Vanessa Mai live
Sonntag, 28.01.2024 um 15 Uhr

Francisco Negrin, Creative Director
Silvia Aymonino, Kostüme
Nathan Clarke, Choreografie
Wesley Campbell, Assistenz Choreografie
Gabriel St. Jean, Adam
Brynne Mc Isaac, Aurora