22 Jahre nach der Eröffnung der Neuen Staatsgalerie Stuttgart erwartet die Besucher in den 15 Räumen der Stirling-Galerie, ergänzt durch den Verbindungsraum zur Alten Staatsgalerie, ein Panorama von Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Unter den 284 Werken befinden sich allein 139 neu zu entdeckende Schätze, die der notorische Platzmangel viel zu lange in die Depots verbannt hat. Im Rahmen dieser Neupräsentation werden knapp 49% mehr Werke als zuvor zu sehen sein, die ausschließlich aus eigenem Bestand und längerfristig zugesagten Leihgaben kommen.
Ausgangspunkt für diese grundlegende Umgestaltung bildet die vielfach gemachte Erfahrung, dass sich die Sammlungsräume des Stirlingbaus, entwickelt in Auseinandersetzung mit klassizistischen Museumsbauten des 19. Jahrhunderts, besonders für Tafelmalerei und Skulptur eignen. Die Werkauswahl konzentriert sich daher auf die ersten sechs Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts, auf jene vielgesichtige und innovative Ära, in der die Spannungen zwischen den künstlerischen Positionen besonders hervortreten.
Die entwickelte Symbiose zwischen Kunst und Architektur wird auch dank einer neuen farblichen Gestaltung der Räume durch Peter Sehringer anschaulich, die der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg ermöglicht hat. Mit dieser Neupräsentation verabschiedet sich Christian von Holst nach 32jähriger Tätigkeit an der Staatsgalerie Stuttgart und erweist damit am Ende seines Direktorats seine Reverenz an das Stirlinggebäude, dessen Entstehung er als »Baureferent« über Jahre begleitete.
Die Inszenierung verfolgt durchaus eine chronologische Stimmigkeit, doch richtet sich das Augenmerk vor allem auf spannungsvolle Dialoge, die mehr aus dem Gegenüber der Kunstwerke entstehen, als in der kategorialen Einteilung nach kunsthistorischen Ismen. Neben bisher selten gezeigten Gemälden von Kanoldt, Hofer, Hölzel, Nägele und Baumeister treten Skulpturen von Archipenko, Arp, Barlach, Moore und Zadkine, die zeigen, dass die Staatsgalerie auch in dieser Gattung eine beachtliche künstlerische Bandbreite vorzuweisen hat. Ferner tritt das Wirken einzelner Künstler mit einem größeren, zuweilen mehrere Jahrzehnte umfassenden Werkensemble besonders hervor, wo charakteristische Sammlungsschwerpunkte der Staatsgalerie dies sinnvoll erscheinen lassen.
So sind Max Beckmann, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister und Hans Arp jeweils eigene Räume zugedacht, in denen der Bestand dieser Künstler nahezu vollständig ausgestellt ist. Rund 30 Werke der ehemaligen Sammlung Hugo Borst erinnern in Raum 35 an den Stuttgarter Kunstmäzen und ehemaligen Vorsitzenden des Stuttgarter Galerievereins, von dem die Staatsgalerie nach dem Zweiten Weltkrieg wichtige Gemälde erwerben konnte. Bedeutende Dauerleihgaben aus dem Archiv Baumeister und der Sammlung Steegmann arrondieren das eigene Sammlungsspektrum mit herausragenden Arbeiten. Allein die Sammlung Steegmann trägt mit 24 Exponaten von Picasso, Léger, Klee und Giacometti zur entscheidenden Bereicherung der Präsentation bei.
Die Staatsgalerie Stuttgart, die deutschlandweit über einen einmaligen Bestand an Werken Picassos verfügt, nimmt diese Präsentation zum Anlass zu einer Hommage an diesen Künstler, indem sie Beginn und Ende des Rundgangs durch die Neue Staatsgalerie diesem Jahrhundertgenie widmet, ist doch der Facettenreichtum von Picassos Arbeit wie kein anderes Oeuvre geeignet, den spannungsvollen Parcours durch die Epoche widerzuspiegeln.
Highlights der Moderne
Kunst von 1900 – 1960 in neuer Präsentation
5. Oktober 2006 bis 5. Oktober 2007