Der Liederabend von Regula Mühlemann und das Kammerkonzert mit dem Hagen Quartett im Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg könnte auch als Essenz eines vielschichtigen, schon fast fünf Jahrzehnte dauernden, höchst erfolgreichen Phänomens gesehen werden. Mit 80 Veranstaltungen und 35.000 Besucher:innen jährlich, ist die Schubertiade das weltweit wichtigste Schubert-Festival. Das Konzept ist eigentlich einfach und gut kommunizierbar: In größter Konsequenz und Qualität wird der Komponist Franz Schubert gefeiert. Da füllt sich das Stammpublikum wie von selbst immer wieder auf, auch wenn es die fortgeschrittene Altersklasse ist, die damit angezogen wird.
Im wahrsten Sinne des Wortes lässt die in Luzern geborene Sopranistin Regula Mühlemann aufhorchen: vor neun Jahren als Newcomerin bei den Salzburger Festspielen, in der Folge vielfach ausgezeichnet und aufgetreten in den großen internationalen Opernhäusern. Es ist ihr zweites Mal bei der Schubertiade, und sie beschenkt das Publikum mit einem reichhaltigen Blumenstrauß. Wie stimmig, in der lieblichen Landschaft des Bregenzerwalds. Der Zyklus "Mädchenblumen" von Richard Strauss sei Ausgangspunkt gewesen, und passend dazu stellte die Sopranistin die "Blumenlieder" von Robert Stolz voran. "Blumen sind nicht seelenlos,/Sind geheime Wesen .../Und in ihrem Blütenschoß/Könntest Du wohl lesen ..." hört man im Text von Bruno Handt-Warden "Motto". Oder zum Edelweiß: "Ein Sternchen fiel vom Himmel/Da lag es ganz allein/In mitten wilder Berge/Mir silberhellem Schein ...".
Schon sehr romantisch, aber so betörend schön gesungen! Am Klavier wird Regula Mühlemann von ihrer langjährigen Duo-Partnerin begleitet, der international gefragten russischen Pianistin Tatiana Korsunskaya. Wenn dann der – für viele – schönste Melodienlauf aus Franz Schuberts "Hirt auf dem Felsen" ertönt, hat sich der Klarinettist Matthias Schorn (Wiener Philharmoniker) hinzugesellt und die Musikliebhaber:innen-Herzen schlagen höher. Aus dem kargen Repertoire für diese Kombination gibt es neben Schuberts "Ich schleiche bang und still herum" als Zugabe Louis Spohr (1784–1859), den "Zwiegesang".
Begeisternd auch das Kammerkonzert mit dem Hagen Quartett. Seit dem Debut bei der Schubertiade 1985 war dies der sechzigste Auftritt! Die Salzburger Geschwister (bekannt geworden als "Hagen-Kinder") sind bis auf die Zweite Geige (seit 1987 Rainer Schmidt) in derselben Besetzung: Lukas, Erste Geige, Veronika, Viola, und Clemens am Cello. Entsprechend hochkarätig ihr Zusammenspiel.
Zwei der insgesamt drei "Preußischen Quartette", die letzten von Wolfgang Amadeus Mozart, bot das Hagen Quartett in unbeschreiblicher, vielschichtiger Ausformulierung dar. Mozart hatte monetäre Hintergedanken, als er diese "Seiner Majestät dem König in Preußen" widmete, und im Endeffekt gezwungen war "diese mühsame Arbeit um ein Spottgeld herzugeben ..." (12.6.1790), nämlich dem Verlagshaus Artaria als Druckrecht, noch dazu waren es nur drei, anstatt der für einen Zyklus üblichen sechs.
Freudig erwarteten jedoch wohl alle Franz Schuberts (nach dem Forellen-Quartett) zweit-berühmtes Streichquartett a-Moll "Rosamunde". Welche Worte könnten dieser Streicher-Kunst in höchster Vollendung gerecht werden ... Tosender Applaus.
Liederabend mit Regula Mühlemann
Tatiana Korsunskaya (Klavier) und Matthias Schorn (Klarinette)Robert Stolz (1880–1975)
Aus „Blumenlieder“ op. 500, Texte: Hardt-Warden
Motto, Veilchen, Lilie, Edelweiß, Rebenblüte, Sonnenblume, Orakelblume, Rote Rosen
Richard Strauss (1864–1949)
»Mädchenblumen«, op. 22, Lieder nach Gedichten von Felix Dahn
Kornblumen, Mohnblumen, Efeu, Wasserrose
Ständchen (Schack) op. 17/2
Franz Schubert (1797–1828)
Viola (Schober), D 786; Die Gebüsche (F. v. Schlegel), D 646; Der Musensohn (Goethe), D 764
»Ich schleiche bang und still herum«, Romanze aus »Die Verschworenen« (Castelli), D 787/2
Der Hirt auf dem Felsen (Müller/Varnhagen), D 965Rundfunk-Sendetermin:
2. August 2023 | 14:05 Uhr in Ö1Kammerkonzert mit dem Hagen Quartett
Lukas Hagen (Violine)
Rainer Schmidt (Violine)
Veronika Hagen (Viola)
Clemens Hagen (Violoncello)Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)
Preußisches Quartett Nr. 2 B-Dur, KV 589 und
Preußisches Quartett Nr. 3 F-Dur, KV 590
Franz Schubert (1797–1828)
Streichquartett a-Moll, D 804 »Rosamunde«