Henri Michaux - Momente

Henry Michaux war eine der seltenen schöpferischen Persönlichkeiten, der es gelang, unabhängig voneinander ein eigenständiges dichterisches und ein künstlerisches Werk hervorzubringen. Sowohl in der Dichtung wie in Zeichnung und Malerei suchte Michaux Wege, um sein inneres Erleben aufzuzeichnen und zu unbekannten Erfahrungen vorzustossen. Am deutlichsten wurde dies in seinen Experimenten mit Meskalin und anderen halluzinogenen Stoffen, die er mit grossem Ernst betrieb.

Sowohl Michaux’ literarisches wie sein künstlerisches Werk sind durch einen unbedingten Willen zur Unabhängigkeit von Schulen und Stilen, durch die Auflehnung gegen jede Form von Konvention charakterisiert. Dies gibt seinen Arbeiten ihre Frische und ihre unmittelbare Anmutung. Das rastlose Reisen des jungen Michaux, der Verzicht auf festen Wohnsitz und materiellen Komfort, die Konfrontation mit der Fremdheit ferner Länder zeugen von seinem fordernden Umgang mit der eigenen Existenz. Diesem Unbekannten, das sich der Sprache entzieht, versuchte er Ausdruck zu verschaffen, um ihm auf diese Weise näherzukommen.

Das zwischen 1937 und 1984 entstandene bildnerische Werk ist äusserst vielfältig. Am Anfang stehen leuchtend farbige Gouachen auf schwarzem Grund; in den 1940er Jahren entdeckte Michaux das Aquarell, das ihm spontanes Malen erlaubte, und in oft mehrtägigen Sitzungen brachte er in rascher Folge seine Visionen auf das Papier. Mit den Mouvements begann die lange Reihe von Tuschezeichnungen, die von Ideogrammen ausging und in die grossformatigen Malereien der 1960er Jahre mündete. In übersteigert schnell hingeworfenen Notaten, die alles bewusste Können hinter sich lassen, suchte Michaux die ihn bedrängenden Erscheinungen zu fassen.

1955 begann er mit Meskalin zu experimentieren, und in dichten Zeichnungen hielt er die Erfahrungen der inneren Ueberflutung fest. Leicht machte er es sich dabei nicht, denn Michaux war ein mönchischer Asket, der von sich höchste Konzentration verlangte. Noch im hohen Alter überraschte er mit einer Folge eindringlicher kleinformatiger Malereien.

Michaux stiess zu Lebzeiten in Deutschland und der Schweiz auf grosses Interesse; seine Dichtungen wurden übersetzt und seine Werke von Genf über St. Gallen und München bis Hannover verschiedentlich ausgestellt. Inzwischen verfügt auch das Kunstmuseum Winterthur über reiche Bestände von Michaux’ bildnerischem Schaffen. Die Ausstellung zeigt eine umfassende Auswahl von Bildern und Zeichnungen aus schweizerischen und deutschen Sammlungen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Eleonore Frey, Helmut Mayer, Dieter Schwarz, Paola von Wyss-Giacosa, Interviews mit Henri Michaux von John Ashbery, Claudine Chonez, Alain Jouffroy, Jean-Dominique Rey und Texten von Henri Michaux. Klappenbroschur, 176 Seiten, 115 farbige Abbildungen. CHF 45.–

Henri Michaux - Momente
7. September bis 24. November 2013