Bilbao Arte ist seit 2006 ein Austauschprogramm für bildende Kunst zwischen dem Land Vorarlberg respektive dem Kunsthaus Bregenz und Bilbao Arte.
Harald Gmeiner zeigt in einer umfangreichen Ausstellung in der Galerie Lisi Hämmerle seine im Zuge dieses Auslandsstipendiums in den Monaten Mai und Juni entstandenen Malereien und Zeichnungen, beeinflusst von einer pulsierenden Kreativszene in Bilbao.
Viele spanische Künstler:innen präsentierten in den vergangenen Jahren in Form von themenbezogenen Rauminstallationen vor ihrer Rückreise ihre Werke in der Galerie, nun eine Umkehrung, ein Vorarlberger Künstler zeigt seine in Bilbao entstandenen Werke in Bregenz.
In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt sich Gmeiner mit Vorstellungen und Interpretationen des Menschen in Bezug zu seinen Lebensumfeldern sowie deren Erweiterung und/oder Brechung. Dabei bewegen und gestalten die kollektiven Grundmuster die künstlerischen Inhale maßgeblich mit.
Was besonders auf das künstlerische Schaffen Harald Gmeiner an seinem Arbeitsplatz bei Bilbao Arte Einfluß nahm, war die Omnipräsenz der Graffitis, die das äußere Erscheinungsbild der Stadt geradezu prägen. Die „negocios” und „tiendas“ (Geschäfte und Shops) der Stadt zum Beispiel würden sich nicht mehr über Leuchtreklame oder Geschäftsschilder vermarkten, sondern über Graffitis in allen möglichen Variationen, betont der Künstler. So seien etwa die Metallrollläden, die nach Betriebsschluß heruntergelassen würden, mit Graffitis bemalt, die auf die Angebote im Inneren der Läden verweisen.
Konzept ohne Konzept
Was die Arbeitsweise vor Ort anbelangt, so habe Gemeiner permanent nur noch reagiert - auf die Menschen, die Begebenheiten, die Situationen, die Stadt. Er sei in eine Art Selbstvergessenheit geraten und habe sich an dem bedient, was gerade auf ihn eingeströmt sei. Keine konkrete Abhandlung eines bestimmten Themas, kein bewußtes Abstrahieren. Wenn schon Konzept, dann die Konzeptlosigkeit als Konzept. Es sei wie ein Ausbrechen aus der eigenen kanonischen Gefangenheit gewesen, so der Künstler. Gmeiner zu der damaligen Befindlichkeit: „Ich mache eine Linie, Fläche, Form, ... sehe sie und vergesse, dass ich sie gemacht habe - so als ob ich sie zum ersten Mal sehe. Ähnlich dem Spiel: Blatt einklappen und eine andere Person zeichnet weiter.“ Fast wie automatisches Zeichnen und Malen. Es sei wie ein neues Sehen gewesen.
Entstanden sind letztlich zahlreiche Mischtechniken von äußerster Farbigkeit. Erstmals greift Harald Gmeiner auch auf die Technik der Collage zurück, um die freien Kompositionen zu strukturieren. In der Galerie präsentiert er einige Großformate sowie Arbeiten im DIN A3-Format. Ergänzt werden diese Gemälde in Acryl-Collage-Mischtechnik durch zehn kleinformatige Farbzeichnungen, mit deren Entstehung es eine besondere Bewandtnis auf sich hat. Der Künstler wohnte während seiner Artist-in-Residenz-Zeit in einem Wohnblock. Die Wohnung war nicht schallisoliert und somit ringhörig. Des abends setzte mit verblüffend konstanter Pünktlichkeit stets ein lautes Schnarchen ein, wobei es sich nicht eruieren habe lassen, woher die Geräusche stammten. Pünktlich zwischen 01.30 und 02.00 Uhr nachts hörte das Schnarchen wieder abrupt auf. Anstatt eine Anzeige wegen Lärmbelästigung aufzugeben, wie dies bei uns wohl üblich wäre, orientierte sich Gmeiner nach dieser täglich auftretenden Lärmphase und nutzte sie produktiv zum Zeichnen. Und zwar mit einer Intensität, dass mit der Anzahl entstandener Werkstück wohl mehrere Ausstellungen bespielt werden könnten
Harald Gmeiner lebt und arbeitet in Wolfurt.
Harald Gmeiner
Residenzy Bilbao Arte 2023
18. November bis 22. Dezember 2023