Hamburger Ansichten

Hamburg war seit Ende des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Ziel für zahlreiche Künstler. Besonders in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war die Stadt von großem Interesse – führende Maler aus ganz Deutschland und Europa kamen in die Hansestadt, um sich hier inspirieren zu lassen: von der einzigartigen Kulisse einer Innenstadt, die um die zwei Wasserflächen der Alster entworfen und gewachsen war, vom Hafen und von der Elbe.

Auch Alfred Lichtwark (1852–1914), seit 1886 erster Direktor der Hamburger Kunsthalle, hatte frühzeitig erkannt, dass die Stadt Hamburg für junge, zu seiner Zeit moderne Künstler als Bildmotiv von großem Interesse sein konnte. Sein Wunsch war es, dem Kunstpublikum zeitgenössische Kunst zu vermitteln. Der vorherrschenden zögerlichen bis ablehnenden Haltung gegenüber Kunst und der damaligen Moderne hoffte er, durch die Wiedererkennbarkeit der Motive, entgegen wirken zu können.

Bereits 1889 gründete Lichtwark die Sammlung von Bildern aus Hamburg und erteilte zunächst jüngeren Malern aus Hamburg und später aus ganz Deutschland Aufträge, Bilder mit Themen aus der Stadt zu malen. Vor allem die Maler, die sich 1897 im Hamburger Künstlerclub zusammengeschlossen hatten, versuchte er in seine Bemühungen um die moderne Malerei einzubeziehen. Auftragswerke für die Kunsthalle bestellte Lichtwark u. a. bei den Hamburger Künstlern Ernst Eitner, Julius von Ehren, Thomas Herbst, Arthur Illies und Paul Kayser. Unter den führenden deutschen Künstlern waren es Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt, die der Einladung nach Hamburg folgten und eine Reihe ungewöhnlicher Ansichten der Stadt schufen.

Auch die erfolgreichen Bemühungen um Besuche von skandinavischen Künstlern wie Frits Thaulow aus Kristiania (Oslo), Anders Zorn aus Stockholm oder Laurits Tuxen aus Kopenhagen sowie die französischen Postimpressionisten Pierre Bonnard und Edouard Vuillard führten zu einer Vielzahl von Werken. Waren die Künstler erst einmal in der Stadt, fanden sie vielfach noch reichlich andere Bildmotive, als je-ne, die Lichtwark ihnen zugedacht hatte. Ihre eigenen Ansichten der Stadt waren häufig malerisch noch freier und moderner.

Neben Lichtwarks Bemühungen um Künstlerbesuche in Hamburg trieben auch die persönlichen Kontakte von Hamburger Sammlern und Künstlern untereinander die künstlerische Auseinandersetzung mit der Stadt weiter an. So kamen aus Paris die Maler Auguste Herbin und Albert Marquet – der Erste auf Einladung des Sammlers Henry B. Simms und der Zweite durch die Vermittlung von Henri Matisse. Zahlreich waren auch die Besuche verschiedener Brücke-Künstler. Sie kamen auf Anregung des Sammlerpaares Paul und Martha Rauert, das die Werke u. a. von Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff oder Emil Nolde sammelte und propagierte.


Hamburger Ansichten - Maler sehen die Stadt
9. Oktober 2009 bis 14. Februar 2010