G'schichten aus dem Wienerwald

Seit 2005 arbeitet der Künstler Alexander Braun an der Werkgruppe "Walden". Der ihm verliehene Bonner Kunstpreis ermöglichte ihm im September 2009, an den Walden-See nahe Concord in Massachusetts zu fahren. Er folgte damit den Spuren des amerikanischen Philosophen Henry David Thoreau (1817–1862), der als 30-Jähriger im Rahmen eines Selbstexperiments zweieinhalb Jahre in einer einfachen Blockhütte dort am See lebte. In seiner Publikation "Walden or Life in the Woods" (Walden oder Leben in den Wäldern) von 1854 fasste Thoreau seine Erfahrungen und Beobachtungen zusammen.

Alexander Braun hielt sich im Anschluss an den Aufenthalt in den USA drei Monate in Wien und Umgebung auf, um die Erweiterung durch die europäische Dimension vorzubereiten. Konzeptionell dienen die "Geschichten aus dem Wienerwald" von Johann Strauß, ein Konzertwalzer aus dem Jahr 1868, und das gleichnamige Theaterstück von Ödön von Horváth (1931) als musische und literarische Referenzgrößen. Hier verschränken sich schwärmerische Idealisierung und Demontierung des Idylls, indem die Musik trotz der Tragödie unerbittlich weiter spielt. Im Ergebnis erwartet uns mit "WienerWalden" ein vielschichtiger intellektueller und visueller Dialog des Künstlers in den Medien Zeichnung, Video, neu entstandener Kleinbroncen und Fotografie, auch unter Verwendung seines historischen Walden-Archivs.

In allen künstlerischen Arbeiten geht es um die Standortbestimmung des Individuums in Bezug zur Natur, dessen Ortung auf abstrakter Ebene zeichnerisch oder aber auch als musikalische Performance auf Video festgehalten wird. Brauns Tuschezeichnungen verstehen sich dabei als konzeptuelle Naturabstraktionen, die dialogisch im Sinne von These und Antithese weiterentwickelt werden. Hier begegnen sich Gegenständliches und Artifizielles. Textfragmente werden gelegentlich in seine Zeichnungen eingearbeitet und nehmen am künstlerischen Diskurs teil. Mit seinem "Endymion"-Projekt, das den Mythos vom ewig schlafenden Jüngling mit der Melancholie verbindet, und der aktuellen Videoarbeit "WienerWalden" erweitert Braun sein Thema um zusätzliche Facetten.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher, von Alexander Braun grafisch gestalteter Katalog mit Beiträgen von Sven Drühl, Berlin, Stephan Berg und Irene Kleinschmidt-Altpeter, Kunstmuseum Bonn. Ein weiterer Beitrag von Dieter Schulz, dem deutschen Experten für Amerikanischen Transzendentalismus, der mit Alexander Braun ein Gespräch über "Walden" führte, enthält Statements zur Arbeitsweise des Künstlers in der Vorbereitung zur Ausstellung.

Alexander Braun – WienerWalden
Bonner Kunstpreis 2009
18. November 2010 bis 23. Januar 2011