Göran Gnaudschun. Alexanderplatz

Der in Potsdam lebende Fotograf Göran Gnaudschun (*1971) fotografiert seit 2010 am Berliner Alexanderplatz die Szene von jungen Ausreißern, Gestrandeten, Wohnungslosen, Punks und Selbstdarstellern. Es gibt Erfahrungen mit längeren Gefängnisaufenthalten, Drogen und viel Alkohol. Diese Menschen passen in die Raster der normalen Gesellschaft nicht hinein: weder in die der Arbeitswelt und oft auch nicht in die der sozialen Fürsorge. Kaum einer ist in Berlin aufgewachsen, viele wollten aus der Provinz fliehen, möglichst weit weg: neu sein, anonym sein, die weite Welt ohne einen Cent in der Tasche erleben.

Einige treiben sich immer für mehrere Monate in anderen Großstädten Deutschlands herum, andere wollten noch weiter, aber sitzen schon seit Jahren auf dem "Alex". Kinder werden schnell erwachsen und Erwachsene werden schnell alt. Gnaudschun portraitiert die Menschen dort, immer darauf bedacht, eine Form von fast verschüttet geglaubter Würde und von Intensität ans Licht zu bringen. Er fotografiert Situationen, in denen sich Symbolhaftes zeigt, er führt Interviews über die Lebenswege der Protagonisten und schreibt selbst Texte über die Sicht des Fotografen auf das vielschichtige Phänomen "Alexanderplatz".

"In meinen Portraits geht es um die Wiedererlangung von Würde. Ich möchte in den Bildern etwas freilegen, was man oft verschüttet glaubt: innere Integrität, Selbstbewusstheit und auch Schönheit. Schönheit dort, wo man sie kaum erwartet. Der Alexanderplatz ist nicht nur ein Ort, er ist ein Zustand, der sich dem Vorübergehenden nicht so leicht offenbart. Dass sich hinter den Gesichtern einzelne Schicksale verbergen, nehmen die Passanten oft nicht wahr, weil man dem, der einen um Kleingeld anschnorrt, nicht ins Gesicht sieht."


Göran Gnaudschun. Alexanderplatz
Kabinettausstellung im Münchner Stadtmuseum
13. März bis 31. Mai 2015