Mit der Ausstellung "Gestures – Women in action", die vom 6. Februar bis 10. April 2016 zu sehen ist, stellt Kunst Meran 40 Werke vor – Fotografien, Videoarbeiten, Objekte, Collagen –, die einen repräsentativen Querschnitt der weiblichen Body Art der 1960er Jahre bis heute vermitteln. Die Arbeiten erforschen die komplexe Thematik des weiblichen Körpers, der als primäres Ausdrucksmittel eingesetzt wird, um Gedanken des Protests und der Insubordination gegen die herrschenden Werte zu transportieren.
Gezeigt werden Arbeiten der wichtigsten Exponentinnen der Body & Performance Art der 1960er und 1970er Jahre, Yoko Ono, Marina Abramovic, Valie Export, Yayoi Kusama, Ana Mendieta, Gina Pane, Carolee Schneemann, Charlotte Moorman und Orlan, aber auch Werke der zeitgenössischen Künstlerinnen Sophie Calle, Jeanne Dunning, Regina José Galindo, Shirin Neshat, Silvia Camporesi und Odinea Pamici.
Viele dieser Arbeiten sind gewollt vergänglich und eng verbunden mit dem Hier und Jetzt ihres Entstehens, nicht nur eingebettet in einen spezifischen zeitlichen und soziokulturellen Kontext, und daher im Wesentlichen konzeptionelle Werke, die als Darstellungen in Form von Fotografien und Filmen oder als Objekte, die in den Aktionen zum Einsatz kamen, überdauert haben. Die Ausstellung zeichnet die verschlungenen Wege eines künstlerischen Vorgehens nach, mit dem die Protagonistinnen der Body-Art-Bewegung den Gang der zeitgenössischen Kunst entscheidend veränderten.
Die Aufhebung der Grenzen zwischen Theater, Aktion, Mitteilung und Kunst war wichtig, um verschiedene Facetten der Lebensbedingungen von Frauen in der Welt offenzulegen. Mit Body Art haben Frauen sich als wichtige Protagonistinnen dieser Kulturrevolution Geltung verschafft und ihre Präsenz in der Kunst untermauert, indem sie ihre politische Entscheidung für die Gleichstellung der Geschlechter in den entscheidenden Jahren der Frauenbewegung überall auf der Welt kundtaten. Mit ihrem Arbeitsansatz verfolgten sie die Absicht, die Distanz zwischen Künstler und Publikum aufzuheben, und machten somit die Kunst zur Grundlage gesellschaftlicher Kommunikation, zum Spiegel und Labor der Veränderungen, die im Gang waren. Das Publikum bestand nicht mehr aus passiven Zuschauern, sondern war integraler Bestandteil des Kunstwerks.
Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut. Eine Ausnahme bilden die Werke im Eingangsbereich und an der Rampe, von der aus man in die Ausstellungsräume gelangt: das Cello der amerikanischen Künstlerin und Musikerin Charlotte Moorman und ein Video mit der Aufzeichnung der Performance, in der die Künstlerin mit ihrem Instrument auftritt. Unten an der großen Wand, die vom Erdgeschoss über alle drei Etagen der Ausstellung reicht, prangt eine großformatige Fotografie von Marina Abramovic aus der Theaterperformance "Delusional" von 1994.
Der erste Ausstellungsraum präsentiert eine Reihe von Bildern und Videos von Yoko Ono, einer Pionierin der Body Art. Sie war schon in den 1950er Jahren in der Fluxus-Bewegung aktiv, die die Grundlagen für die Entwicklung dieser Ausdrucksform legte. Zu sehen sind Fotografien und das berühmte Video der Performance "Cut Piece" (1965), gefolgt von Aufnahmen, die während der Performance "Bed In" (1969) mit Ehemann John Lennon entstanden.
Im Anschluss sind mehrere Fotos und Videos der Künstlerin Marina Abramovic zu sehen, die berühmt ist für ihre extremen Performances, in denen sie die Grenzen des körperlich Erträglichen und die Potenziale des Geistes und der Konzentration auslotet. Es folgen ein Video und Fotos von Mario Carbone der Performance "Imponderabilia", die Abramovic 1977 zusammen mit dem Künstler und Lebensgefährten Ulay durchführte.
Der zweite Ausstellungsraum präsentiert die Performance "Blood sign" (1972) der kubanischen Künstlerin Ana Mendieta, deren Arbeiten den rituellen Charakter der alten indigenen Kulturen und eine starke transkulturelle Verwurzelung zum Ausdruck bringen, aber auch die permanent erlebte Einsamkeit des Körpers, der seiner Umgebung und den Naturelementen ausgesetzt ist. In Dialog zu dieser Arbeit tritt eine Fotografie aus "Azione sentimentale" (1973) von Gina Pane, einer der großen Vertreterinnen der Body Art in Italien. Panes Arbeit ist vielfältig und komplex, bedient sich verschiedener Techniken und ist stets auf der Suche nach einem dialektischen Gleichgewicht mit dem Publikum, das körperlich und vor allem mental involviert wird.
Die japanische Künstlerin Yayoi Kusama – heute bekannt für ihre obsessiv-halluzinatorischen Bilder und Rauminstallationen – war Ende der 1960er Jahre in New York als Performerin und Künstlerin in gewagten Outfits aktiv und stand der Hippiebewegung nahe. Aus dieser Zeit datiert die Aufnahme einer Performance, die in der Ausstellung zu sehen ist. Die Ausstellung fährt mit einem Werk fort, dessen Poetik sich um den feministischen Protest gegen psychische und physische Gewalt gegen Frauen dreht, auch gegen die österreichische Künstlerin Valie Export, die sich mit ihrem Pseudonym der Nachnamen des Vaters und des Ehemannes entledigte und sie durch einen Schriftzug ersetzte, der auf die österreichische Zigarettenmarke "Smart Export" verweist.
Eine weitere wichtige Künstlerin, die für ihre Arbeit über Körper, Sexualität und Gender berühmt wurde, ist die Amerikanerin Carolee Schneemann. Die Ausstellung zeigt eine Reihe von Fotografien, die die Performance "Ice naked skating" (1972) dokumentieren, sowie eine Arbeit aus der außergewöhnlichen Werkserie "Eye Body" (1963). In der Mitte des Raumes hängen zwei großformatige Fotografien der französischen Künstlerin Orlan, die für ihre plastisch-chirurgischen Eingriffe im Gesicht und ihre Schönheitsoperationen berühmt wurde, durch die sie den eigenen Körper zum künstlerischen Ur-Werkstoff und zum Gegenstand der Reflexion über die Hybridisierung von Natur und Technologie machte.
Im zweiten Stock wird die Aufmerksamkeit des Besuchers auf eine kleine, kostbare Fotografie von Sophie Calle gelenkt: "Mon ami" (1984). In ihren leicht voyeuristischen Werken erkundet die französische Künstlerin das Thema weibliche Identität und Intimität und lotet die Grenze zwischen öffentlicher und privater Erfahrung aus. Der große Saal beherbergt ein Bild der Performance "Balkan Baroque", für die Marina Abramovic 1997 mit dem Goldenen Löwen der Biennale von Venedig ausgezeichnet wurde: Sie saß mehrere Stunden am Tag auf einem großen Berg Rinderknochen, reinigte sie und sang dabei serbische Totenlieder.
Einen Kontrapunkt zu dieser überbordenden Fotografie setzt eine kleine Arbeit von Jeanne Dunning aus der Serie "Long Hole" (1995–96). Hier reflektiert die amerikanische Künstlerin über das individuell einzigartige Verhältnis zur eigenen Physiognomie, Identität und Sexualität und erkundet das Moment der Entkörperung, das bei der Gegenüberstellung eintritt. Die iranische Künstlerin Shirin Neshat hingegen lenkt die Aufmerksamkeit auf die soziale Rolle der Frau in den heutigen muslimischen Gesellschaften. Ein Standfoto aus ihrem Kurzfilm "Pulse" von 2001 zeigt eine dunkle, intime Erscheinung.
Weiter geht es mit einer Arbeit der jungen italienischen Fotografin Silvia Camporesi mit dem Titel "Il sale della terra" (2006), in der die Künstlerin einen filigranen, poetischen Kosmos erschafft, eine Art intimistisches und fast theatralisches Interieur, das sie selbst bewohnt. Körperlicher und provokativer ist die Triestinerin Odinea Pamici, die in "Ballo per Yvonne" (2005) mit stereotypen Zuschreibungen spielt, mit den Symbolen der Ehe und der Küche als dem traditionellen Ort weiblichen Wirkens.
Der letzte Ausstellungsraum beherbergt einige Arbeiten der Performancekünstlerin Regina José Galindo aus Guatemala. In ihren Performances, die sie selbst als "psychomagische Akte" bezeichnet, um auf die emotionale Belastung und das Leid zu verweisen, die dort vermittelt werden, setzt sich die Künstlerin mit aggressivem Gestus mit den eigenen physischen und psychischen Grenzen auseinander und verwandelt ihren Körper zum Schauplatz, auf dem permanent Konflikte ausgetragen werden.
Gestures – Women in action
6. Februar bis 10. April 2016