Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel präsentiert rund 100 Werke von erfolgreichen Künstlerinnen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sowie von deren männlichen Weggefährten und beleuchtet so die Kunstgeschichte der Frühen Neuzeit aus einem neuen Blickwinkel. Sie vereint Porträt, Historienmalerei, Stillleben, Zeichnung sowie Grafik der Renaissance, des Barocks und des Klassizismus.
Im Norden wie im Süden Europas gab es zwischen 1500 und 1800 weit mehr Malerinnen, Lehrerinnen, Verlegerinnen und Grafikerinnen, als man es vermuten würde. Einige waren sehr erfolgreich. Doch auch wenn eine Karriere als Künstlerin nicht gänzlich unmöglich war, war sie gesellschaftlich nicht vorgesehen und nur unter besonderen Bedingungen zu realisieren.
Die Ausstellung zeichnet den Werdegang einzelner Künstlerinnen zum ersten Mal durch pointierte Gegenüberstellungen mit Werken ihrer Väter, Brüder, Ehemänner und Konkurrenten nach und bettet sie in den Kontext der vormodernen Jahrhunderte ein. Im konzentrierten Vergleich werden auf faszinierende Weise gestalterische und inhaltliche Entsprechungen und Abweichungen sichtbar. Auch werden soziale wie familiäre Hintergründe beleuchtet. Zudem bietet die Ausstellung die Chance, neben den Werken bekannterer Malerinnen auch solche von heute in Vergessenheit geratenen, aber oftmals auf hohem Qualitätsniveau arbeitenden Künstlerinnen bekannt zu machen.
Frauen blieb der Zugang zu den Zünften oder Akademien lange verwehrt. Künstlerinnen stammten daher sehr oft aus Künstlerfamilien, wo sie entsprechende Ausbildungen erhielten. Katharina van Hemessen (1528 – nach 1565), die im Alter von 20 Jahren das früheste bekannte Selbstporträt einer Künstlerin bei der Arbeit schuf – es befindet sich heute in der Sammlung des Kunstmuseums Basel –, erlernte das Malen wohl in der Werkstatt ihres Vaters Jan Sanders van Hemessen (um 1500 – um 1556). Von Marietta Robusti, gen. La Tintoretta (um 1554/55–1614) wissen wir, dass sie ihren Vater Jacopo Robusti, gen. Tintoretto (1518/19–1594), bereits früh bei Aufträgen begleitet hatte, bevor sie selbst eine gefeierte Malerin wurde.
Andere hatten weniger Glück und arbeiteten im Verborgenen ihren Familienmitgliedern zu. Ihre künstlerischen Handschriften sind oft schwer auszumachen, sind diese gemäss den damaligen Werkstattgepflogenheiten doch stilistisch eng mit den Werken ihrer Meister verschmolzen. Michaelina Wautier (1604–1689) war eine von ihnen. Wiederum andere wurden in Künstlerhaushalte verheiratet. Von Rachel Ruysch (1664–1750) ist belegt, dass ihr Gatte, der Maler Juriaen Pool (1666–1745), ihr das Malen nicht nur gestattete, sondern dass sich ihre Stillleben sogar besser verkauften als seine eigenen und er sie regelrecht in ihrer Arbeit unterstützte. Sie wurde als erste Frau in die Den Haager Malergilde aufgenommen.
In der Regel jedoch, wie im Falle von Judith Leyster (1609–1660), erfolgte auf die Eheschliessung die Aufgabe des eigenen Berufs und die Unterordnung unter den Ehemann. Mancherorts konnte die Frau diesen zwar in seiner Werkstatt unterstützen, doch konkret standen nun oftmals Kinder und Familie im Vordergrund. Deswegen gab es auch Künstlerinnen wie Maria van Oosterwijk (1630–1693), die bewusst unverheiratet blieben.
Deutlich seltener, aber um so bemerkenswerter sind jene Künstlerinnen, die fernab des Berufsstandes geboren wurden und dennoch das Malen erlernten. Sie finden sich im adeligen und im bürgerlichen wie im handwerklichen Milieu. Zu den Beispielen gehört Sofonisba Anguissola (1532–1625). Ausgebildet von dem Maler Bernardino Campi (1522–1591) wurde sie später dank einer gezielten ‘Vermarktung’ durch den Vater als Hofmalerin an den spanischen Königshof berufen. Der höfische Kontakt ermöglichte den Künstlerinnen, eigenständig Ruhm und Ehre zu erlangen, später erleichterte er den Zugang zur Akademie. So wurde Katharina Treu (1743–1811) durch die Unterstützung des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz die erste Frau mit Professorentitel an einer deutschen Akademie. Die wohl bekannteste Lehrende unter den Künstlerinnen mag Angelika Kauffmann (1741–1807) sein, die unter anderem Mitglied der Royal Academy in London war. Doch ohne die Unterstützung eines männlichen Umfeldes wäre auch diesen Frauen der Erfolg verwehrt geblieben.
Thematisch dominieren bei den Künstlerinnen in jenen Jahrhunderten Porträt und Blumenstillleben. Aber Ausnahmen waren durchaus möglich: Mit der Historienmalerei kam bisweilen sogar die ranghöchste Gattung aufs Tableau. Es gibt somit kein "typisch weibliches" Thema, sondern die Motive sind vor allem Ausdruck des jeweiligen Kunstortes und der Zeit, in der die jeweilige Künstlerin lebte. Auch der Kreis der Auftraggeber bestimmte die Sujets: Während in den Niederlanden und in Deutschland das Bürgertum als Auftraggeber erstarkte, behielt in Italien und Spanien der Adel seine Vormachtstellung – auch waren hier noch grössere kirchliche Aufträge zu erwarten. Auch die Formate wurden durch diese Aufträge bestimmt. Nicht zuletzt deshalb setzte sich in Teilen des Nordens ab dem 17. Jahrhundert das (kleinere) Genrebild gegen das Historienbild durch, das im Süden weiterhin Bestand hatte. Das Porträt wie auch das Blumenstillleben finden sich jedoch bei Künstlerinnen des Nordens wie des Südens gleichermassen.
Geniale Frauen
Künstlerinnen und ihre Weggefährten
Bis 30. Juni 2024