Frühere Verhältnisse

Eine Posse von Johann Nestroy "Frühere Verhältnisse" steht namentlich Pate für eine neue Ausstellung im Innsbrucker Ferdinandeum, die aus den reichen Beständen der Tiroler Landesmuseen – Ferdinandeum und Volkskunstmuseum – gespeist ist. Kunstgeschichtliche und kulturgeschichtliche Aspekte von 1800 bis 1900 werden in dieser besonderen Schau in einem breiten Umfang präsentiert.

Das erstarkte und zum führenden Kulturträger gewordene Bürgertum bildete neben dem Adel eine bedeutende Käuferschicht. Das Porträt wurde zum wichtigen Medium der Selbstdarstellung. Im Gegensatz zu idealisierten Herrscherbildnissen des Klassizismus standen die Porträts nun ganz im Zeichen des Realismus. Sie geben Auskunft über Aussehen und Wesenszüge der Dargestellten sowie über die damalige Mode und Haartracht. Die Bildnisse erfüllten nicht nur Repräsentationszweck sondern hatten auch im privaten Bereich einen hohen Stellenwert inne, wie insbesondere Miniaturen und Kinderbildnisse zeigen.

So stand die bürgerliche Kultur in der Biedermeier-Zeit (1815–1848) im Zeichen des Erinnerns und des freundschaftlichen Gedenkens,wie auch viele kunstgewerbliche Souvenirs, Freundschaftsbillets oder Stammbücher zeigen. Das Genrebild wurde zur am meisten verbreiteten und beliebtesten Bildgattung. Es war häuslicher Schmuck, diente der Unterhaltung, befriedigte das Schaubedürfnis und sprach die Gefühle des Betrachters an, der seine eigenen Lebensverhältnisse in den Bildern dargestellt fand. Er konnte sich mit den städtischen und ländlichen Szenen identifizieren, wenngleich sie nicht die Realität, sondern eine verklärte Idee der Wirklichkeit wiedergaben und emotionale Empfindungen ins Allgemeingültige erhoben.

Thematisiert wurden Familien- und Kinderglück, beschauliche Häuslichkeit, städtisches Leben und ländliche Idylle. Auch Fischerei, Jagd- und Schützenwesen boten ausreichend motivischen Stoff. Die Landschaftskunst des 19. Jahrhunderts stand im Spannungsfeld zwischen Ideal und Wirklichkeit, Tradition und Moderne. Ihre formale Vielfalt reichte von heroisch-idealen Landschaften über minutiös geschilderte topographische Ansichten bis hin zu subjektiven Stimmungsbildern, die verschiedene Tages- und Jahreszeiten sowieWitterungensituationen wiedergeben.

Zu sehen sind in dieser Ausstellung bürgerliche und bäuerliche Porträts, Genrebilder mit Szenen des städtischen und ländlichen Lebens, Andachtsbilder, Biedermeier-Veduten mit liebevollem Detailreichtum, idealisierte Landschaftskompositionen sowie realistische Stimmungsbilder. Die Gemälde werden durch Skulpturen, kunstgewerbliche, kulturgeschichtliche und volkskundliche Objekte aus den hauseigenen Sammlungsbereichen und aus den Beständen des Tiroler Volkskunstmuseums ergänzt und geben Einblick in das künstlerische, gesellschaftliche und geschichtliche Geschehen des 19. Jahrhunderts in Tirol.

Gezeigt werden bedeutende Werke unter anderem von Jakob Placidus Altmutter, Josef Arnold d. J., Carl von Blaas, Giuseppe Craffonara, Hugo Darnaut, Franz von Defregger, Hugo Engl, Josef Erler, Franz Eybl, Louis Eysen, Gebhard Flatz, Alois Gabl, Franz Hellweger, Theodor von Hörmann, Caspar Jele, Peter Paul Kirchebner, Joseph Anton Koch, Ludwig Neelmeyer, Franz August von Pausinger, August Pezzey d. J., Mathias Schmid, Josef Schretter, Joseph Schöpf, Franz Richard Unterberger, Georg Wachter, Friedrich Wasmann und Josef Wopfner.


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (152 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen) zum Preis von 19,- EUR.

Frühere Verhältnisse. Malerei von 1800 bis 1900
10. Oktober 2007 bis 27. Jänner 2008