"Fadenschein" in der Johanniterkirche in Feldkirch

In hunderten Stunden verspannt die Künstlerin Elke Maier tausende Meter feinstes, weißes Garn zu einer transzendenten Installation. Orientierung im Dialog mit dem Kirchenraum gibt ihr dabei das wandernde Licht. Die Form des Kunstwerks wird die prozessuale Bewegung seiner Entstehung erkennen lassen.

Ausgestattet mit gewöhnlichem weißem Nähgarn tastet sich Elke Maier an den Sakralraum heran. Bis ihre Raumlandschaft in der Johanniterkirche fertig ist, dauert es zwei Wochen. Faden für Faden entsteht eine prozessuale Skulptur, erklärt die Künstlerin: "Ich habe kein fixes Konzept im Kopf. Ich vermesse den Raum im Gehen. Die Wege geben mir Zeit zum Nachdenken. Nach jedem Faden entscheide ich, wo der nächste Faden genau hinkommt." Mit höchster Konzentration folgt die Künstlerin dem Weg des Lichts. Das Material wird zum Medium, in dem sich das Licht manifestiert. Elke Maier: "Durch die Fäden wird das Licht in der Mitte des Raumes gehalten. Mit jedem Faden sieht man mehr vom Raum."

Elke Maier verspannt die Fäden wie die Saiten eines Instruments. Immer wieder steigt die Künstlerin über eine dunkle Treppe in den Dachboden der Kirche hinauf. Spule für Spule lässt sie die Fäden durch eine Öffnung in der Decke in den Kirchenraum herabgleiten. Dafür befestigt sie Schraubenmuttern am Anfang jeder Spule. Wenn das Metall auf dem Boden aufschlägt, hört sie, dass der Faden den Boden erreicht hat: "Nie sonst spüre ich eine so große körperliche Anspannung. Ich komme völlig ohne Bewegung ins Schwitzen. Ich muss aufpassen, dass die Fäden nicht zu sehr in Schwingung geraten, damit sie sich nicht verwickeln." Ein Teil der Fäden wird mit Flusssteinen von der nahen Ill befestigt.

Die Künstlerin ist begeistert von dem außergewöhnlichen Kirchenraum mit dem von den archäologischen Ausgrabungen offenen Boden: "Ich genieße den Raum. Zuerst habe ich nur die strenge Architektur mit den klaren Vertikalen und Horizontalen wahrgenommen. Nach und nach hat sich eine enorme Diagonale mit einem starken Zug entwickelt. Meine Fadenskulptur koppelt sich nach und nach von den äußeren Gegebenheiten ab."

Elke Maier, geb. 1965 in Bayern. Lebt seit 1994 in Gmünd in Kärnten. Sie studierte Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in München. Seit vielen Jahren setzt sie sich mit künstlerischen Interventionen in sakralen Räumen auseinander: 2003 in der Welschen Kirche in Graz, im Innsbrucker Dom (2005), in der Stiftskirche Wilten (2006), im Klagenfurter Dom (2009), in der Kollegienkirche (Universitätskirche) Salzburg (2010), im Stephansdom in Wien (2014).

Fadenschein
Elke Maier in der Johanniterkirche Feldkirch
12. März bis 18. Juni 2022
Erweiterte Eröffnung: Samstag, 12. März 22, 11 bis 17 Uhr
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr
Kurator: Arno Egger