Explosive Reaktionen

Mit Leander Schwazers Arbeit "Bikini" setzt das Museion die Ausstellungsreihe in seinem Project Room fort, der unveröffentlichten oder für diesen Raum entwickelten Projekten – auch aus Südtirol – zur Verfügung steht. Ausgangspunkt der Ausstellung ist eine Recherche des 1982 in Sterzing geborenen Künstlers, der seit einigen Jahren in Los Angeles lebt und am California Institute of the Arts studiert.

Zwischen Geschichte, Kunst und Pop-Kultur hin- und herwechselnd wirft dieses Projekt einen persönlichen und der Gegenwart verpflichteten Blick auf das Genre der Schlachtenmalerei. Im Zentrum der Arbeit steht das Bild des leichten Flugzeugträgers "Independence", den das US-Amerikanische Militär 1946 als Test-Objekt bei seinen Atombombenversuchen auf dem Bikini-Atoll einsetzte. Im Rahmen einer vom Künstler als "Archäologie der Zukunft" bezeichneten Operation zeigt die Ausstellung im Project Room Installationen, malerische Interventionen, Dokumente und objets trouvés.

Wer den Ausstellungstitel "Bikini" liest wird unweigerlich an den gleichnamigen Zweiteiler und Urlaubsbilder von idyllischen Sandstränden denken. Heute gehört der Bikini zum Alltag, vor 70 Jahren war er eine Provokation: Dessen Erfinder Louis Réard wollte "explosive Reaktionen" hervorrufen, als er seine Badebekleidung 1946 präsentierte. Explosive Reaktionen lösten auch die von den US-Amerikanern – ebenfalls 1946 – durchgeführten Kernwaffentests auf dem Bikini-Atoll im Gebiet der Marshall-Inseln aus. Dabei wurden auch Kriegsschiffe den atomaren Detonationen ausgesetzt. Es ist daher kein Zufall, dass eine monumentale Schwarz-Weiß-Abbildung der "Independence" den Zugang zur Ausstellung verstellt. Der Betrachter trifft hier auf ein Wrack – nach dem Abschluss der Testreihe im Südpazifik wurde das kontaminierte Schiff 1951 vor San Francisco versenkt.

Die große Leinwand steht mit der symbolischen Darstellung eines historischen Ereignisses in der Tradition der Schlachtenmalerei. Hinter der Abbildung tragen vier auf Rollen laufende Abräumwagen verschiedenste Objekte, die, in dieser Tradition, einen Ausblick auf vergangene, aktuelle und zukünftige Bilder-Schlachten erlauben, wie etwa Glühbirnen, die der Künstler zu potentiellen "Farb-Bomben" umgeformt hat. Ein anderer mit Badetüchern beladener Wagen lässt – auf den ersten Blick – an bunte Pop-Farbigkeit und Strandatmosphäre denken. Auf diese Tücher wurde das 1946 entstandene Gemälde "Cross Spikes Club" von Arthur Beaumont kopiert. Diesen "Club" unter Palmen besuchten auf dem Bikini-Atoll Journalisten, Soldaten und neugierige Touristen, die sich die "Attraktion" der Nukleartests vor Ort ansehen wollten. Die Anwesenheit der "Schlachtenbummler" zeigt, dass auch dramatische Ereignisse mitunter von unfassbarer Oberflächlichkeit begleitet werden.

Am Ausgang der Ausstellung beschreibt ein Zeitungsausschnitt mit dem Titel "Back from Bikini" aus dem Jahr 1947 die Rückkehr des schwer beschädigten Flugzeugträgers von diesem Südseeatoll. Besucherinnen und Besucher lassen daher nicht nur die Geschichte der Independence hinter sich, sondern eben auch ein vom Künstler geknüpftes engmaschiges Netz aus Bezügen zwischen Geschichte, Pop-Kultur und Kunst.

Leander Schwazer - Bikini
21. Februar bis 25. Mai 2014
Museion Project Room
Dienstags bis sonntags, 10 – 18 Uhr
Donnerstag: 10 – 22 Uhr