Die Ausstellung im Kunstraum Remise trägt den Titel "Chemical Beings" und zeigt neue Arbeiten der 1979 in München geborenen und heute in Wien lebenden Künstlerin Eva Seiler. Die Künstlerin und Kuratorin Luka Berchtold präsentiert in Bludenz eine Position, die sich im Bereich der Skulptur und räumlichen Settings bewegt. Eva Seiler studierte Szenografie und Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und an der Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen. In ihrer künstlerischen Praxis untersucht sie die Beziehungen zwischen Mensch und Tier sowie die zukünftige Koexistenz von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen.
Seilers Arbeiten spiegeln die hybriden Beziehungskonstellationen wider, indem sie sowohl organische Materialien als auch industrielle Produkte verwendet. Besonders fasziniert ist sie von den Materialien und Umwelteinflüssen, mit denen sowohl Menschen als auch Nicht-Menschen täglich interagieren.
Seit 2015 unterrichtet Eva Seiler in der Abteilung Skulptur und Raum an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Sie beschäftigt sich intensiv mit sogenannten Nutztieren wie Rindern und Tauben. Für sie sind die Geschichte und Gegenwart von Menschen und Tieren untrennbar miteinander verbunden. Sie verweist auf die US-amerikanische Naturwissenschaftshistorikerin Donna Haraway, die in zahlreichen Büchern und Essays das Spannungsfeld aus sozialistischem Feminismus, Wissenschaft, Primaten, Cyborgs und Haustieren thematisiert. In ihrem 2003 erschienenen "The Companion Species Manifesto" betont Haraway, dass die Grenzen zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren brüchig und oft absurd erscheinen, wenn man die geteilten Viren, Bakterien, Lebensräume und Gewohnheiten berücksichtigt.
Im Sommer 2022 verbrachte Eva Seiler einen Monat in der steirischen Gemeinde Semriach auf einem Hof, der Biolandwirtschaft mit schottischen Hochlandrindern betreibt. Hier setzte sie sich mit den Praktiken, Architekturen und Werkzeugen auseinander, die das Leben von Kühen und Menschen in der Landwirtschaft prägen. Diese Gerätschaften sind an die jeweiligen Körper angepasst und setzen die Lebewesen in eine physische Beziehung zueinander.
Domestizierte Seidenraupe
Für die Ausstellung im Kunstraum Remise beschäftigte sich Eva Seiler jedoch mit einem ganz anderen Nutztier: der domestizierten Seidenraupe. Inspiriert wurde sie durch den Besuch der Ausstellung "Mushi Lovers in Japan – Insekten und andere Kreaturen" im Suntory Museum of Art in Tokyo. Seiler erklärt: "Die Wertschätzung und Wahrnehmung von Insekten, wie sie sich in traditionellen japanischen Darstellungen zeigt, hat einen bleibenden Eindruck auf mich gemacht. Ich habe gelernt, dass die Kultur des Beobachtens von Insekten, dem Zuhören von Grillen oder dem Fangen und Freilassen von Glühwürmchen in der Edo-Zeit besonders unter Stadtbewohnern beliebte Freizeitbeschäftigungen waren."
An den Seidenraupen fasziniert die Künstlerin besonders deren Fähigkeit zur Selbstverwandlung, die ursprünglichen Grenzen des Körpers zu überwinden und so zu einem Symbol der Transformation zu werden. Für die Ausstellung hat sie sich mit den Strukturen und Architekturen der Seidenproduktion auseinandergesetzt und diese in ihren künstlerischen Ansatz integriert. Dabei nutzt sie das historische Wissen und das Bewusstsein für Insekten innerhalb der Seidenkultur, um Rückschlüsse zu ziehen, die für Gegenwart und Zukunft relevant sind.
Eva Seiler: Chemical Beings
Bis 28. Juli 2024
Mi-Sa, So/Fe 15-18