Don Giovanni bei der Salzburger Mozartwoche konzertant, aber besonders intensiv und unterhaltsam

31. Januar 2023 Martina Pfeifer Steiner —
Bildteil

Wenn Rolando Villazón die szenische Einrichtung von Mozarts Don Giovanni übernimmt, kann man sich darauf verlassen, dass auch bei einer konzertant angekündigten Aufführung rein gar nichts statisch abläuft. Im Gegenteil, es wird noch intensiver, mitreißender und extrem unterhaltsam, denn selbst der Dirigent Sir András Schiff gibt mit kokettem Schalk die Einsätze und Masetto kann sich unter den Stühlen der Musiker:innen verstecken.

Die Cappella Andrea Barca – ein Ensemble von exzellenten Kammermusiker:innen, seit Jahren Dauergast bei den Salzburger Mozartwochen – konfiguriert sich zentral auf der Bühne, András Schiff dirigiert vom "Rosenberger" Hammerflügel aus. Das Musikerlebnis wird dadurch noch unmittelbarer, aber selbstverständlich sind es die fein-differenzierte Ausführung und die souverän den großen Bogen spannende musikalische Leitung, die jenes vervollkommnen. Flankiert wird das Orchester von zwei Häuserfronten, die sich einerseits gut für Auf- bzw. Abtritte eignen, andererseits für Balkonszenen, und die zweitweise dramatisch ausgeleuchteten Arkaden der Felsenreitschule bilden eine imposante Hintergrundkulisse.

Leporello tritt auf. (Aha, der Griff in die Kostümkiste zog Klassisches hervor, denkt man, doch für alle anderen fand sich dann offensichtlich nur noch ziemlich eigenartige Abendkleidung.) Maurizio Muraro – ständige Gastauftritte in der Met NYC, Royal Opera House Convent Garden, Opéra Bastille, etc. – passt hervorragend für die Rolle des Dieners, der eigentlich genug hat von seinem Herrn, diesen Lebemann mit zweifelhaftem Charakter. Gleich am Anfang eskaliert es, wenn Don Giovanni – der deutsche Bariton Johannes Kammler zeichnet ihn recht sympatisch – nach der versuchten Vergewaltigung von Donna Anna – die spanische Sopranistin Sylvia Schwartz trat bereits bei den Salzburger Festspielen, in der Mailänder Scala und vielen weiteren namhaften Opernhäusern auf – das Weite suchen will, und vom Komtur bzw. Vater – der niederländische Bassbariton Robert Holl gibt ihn würdig – aufgehalten wird.

Das "dramma giocoso" nimmt seinen Lauf: Rache wird geschworen von Don Ottavio – der Tenor Julian Prégardien entpuppt sich zum absoluten Highlight –, den immer auf Warteposition gesetzten Verlobten Donna Annas . Die bäuerliche Hochzeitsgesellschaft wird gecrasht, wenn die Braut Zerlina – bezaubernd keck, die Sopranistin Julia Lezhneva – verführt wird und ihr Bräutigam Masetto – auch schauspielerisch sehr überzeugend, der neuseeländische Bariton Julien van Mellaerts – in Eifersuchtsanfällen fast vergeht. Die sitzengelassene Donna Elvira – wunderbar, die tschechische Mezzosopranistin Magdalena Kožená – ist überzeugende Mahnerin, verhindert zwar Schlimmeres, unterliegt aber trotzdem immer wieder dem trügerischen Charme des Wüstlings.

Und es kommt, wie es kommen muss: die steinerne Statue des Komturs nimmt die überzogene Einladung des Don Giovanni zum Abendessen an. Es wird aufgetischt. (Witzige Details der Inszenierung werden gekonnt ausgereizt, wenn Leporello das entwendete Fasanstück auch noch mit dem Dirigenten teilt und alle in echt kauen und schlucken – da kommt der Humor eines Rolando Villazón wieder durch, herrlich!) Der schauerliche Gast klopft an, der uneinsichtige Don Giovanni ist des Todes. "So stirbt, wer Schlechtes tut" stimmen alle überein, im Finalensemble, das in der Aufführungsgeschichte lange Zeit gestrichen war. Ottavio wird weiter der Liebe Donna Annas harren, Donna Elvira ins Kloster gehen und Leporello ins Wirtshaus, um einen neuen Herren zu finden. Es gibt wohl keinen Don Giovanni ohne die Gesellschaft, die ihn ermöglicht.

Musikwoche 2023 Stiftung Mozarteum Salzburg
W. A. Mozart Don Giovanni
in der Felsenreitschule

Capella Andrea Barca
Bachchor Salzburg
Sir András Schiff, Dirigent und Continuo
Rolando Villazón, szenische Einrichtung
Davy Cunningham, Licht

Johannes Kammler, Don Giovanni
Robert Holl, Il Commendatore
Sylvia Schwartz, Donna Anna
Julian Prégardien, Don Ottavio
Magdalena Kožená, Donna Elvira
Maurizio Muraro, Leporello
Julien van Mellaerts, Masetto
Julia Lezhneva, Zerelina