Dominic Michel erhält den Manor Kunstpreis Aarau 2022

Dominic Michel ist Träger des Manor Kunstpreises Aarau 2022, der alle zwei Jahre zur Förderung junger Schweizer Kunst vergeben wird. Die Auszeichnung ist mit einer Einzelausstellung im Aargauer Kunsthaus verbunden, die am Freitag, 28. Januar 2022 eröffnet wird.

In seinen Arbeiten untersucht Dominic Michel die kulturelle Bedeutung von Objekten und wie sich diese verändern kann. Er ist ein genauer Beobachter des Alltags. Aufmerksam geht er durch die Stadt, beschäftigt sich mit dem öffentlichen Raum oder der Geschichte eines bestimmten Ortes. Vermeintlich Unauffälliges wird zum Material seiner Arbeiten. Dabei pocht er auf das Vieldeutige; Imitation und Bruch sind seine Sprache. Entsprechend breit sind die künstlerischen Mittel, die zum Einsatz kommen: Bestehende, teils bekannte, teils unbekannte Objekte entwickeln in fremde Kontexte versetzt ein Eigenleben. In den Medien Fotografie und Film vermengen sich selbst hergestellte mit gefundenen Aufnahmen.

In seiner Ausstellung 2020 in der Caravan-Reihe für junge Kunst zeigte Michel einen Flügel aus Holz in Originalgrösse, dessen Innenleben jedoch gänzlich fehlte. Das Instrument hatte sich vom Prestigeobjekt zur leeren Hülle verwandelt - zum blossen Resonanzraum im übertragenen Sinn.

Zusätzlich legte sich eine 18-teilige Fotoarbeit, die Michel im Pariser Vorort Nanterre realisierte, wie ein Fries um die Wände des Ausstellungraums. Zu sehen sind darauf fast bis zur Unkenntlichkeit verformte Aufnahmen der Tour Aillaud, eine Hochhaussiedlung, die im sozialideologischen Geist der 1970er-Jahre gebaut wurde. Indem Michel Panoramafotografien der bunten Gebäude digital zu Kugelformen verzerrt, schafft er eine "verdrehte", überdehnte Perspektive auf den abgebildeten Gegenstand. Das Verhältnis zwischen Informationsträger und Material ist in Frage gestellt.

Mit Innen- und Hohlräumen von Objekten hat sich Dominic Michel bereits in früheren Arbeiten auseinandergesetzt: Für "Mob Mob Mob Mob Mob" (2019) bemalte Michel Glasgefässe inwendig. Er thematisiert dabei die Transparenz der Objekte als Membran zwischen Inhalt und Form. Die Gesten sind simpel und dennoch hochwirksam: Der Künstler nimmt eine Änderung an bereits bestehenden Objekten vor und schreibt ihnen dadurch neue Bedeutungen zu.

Unter anderen Vorzeichen aber im Prinzip ähnlich funktioniert die Videoinstallation "Flickering Gaslamp II" (2020). Drei alltägliche, banale Szenen werden auf drei Monitoren hintereinander abgespielt: eine Autofahrt durch Oerlikon, Aufnahmen von einem Fischreiher und die Zubereitung einer Suppe. Durch ihre unterschiedliche Länge "sortieren" sich die Szenen immer wieder neu und lassen stetig wechselnde Zusammenhänge entstehen.

Der Manor Kunstpreis, einer der wichtigsten Förderpreise des zeitgenössischen Kunstschaffens des Landes, wurde 1982 von Philippe Nordmann ins Leben gerufen, um jungen Schweizer Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten. Er wird von einer Fachjury jährlich in sechs Schweizer Städten verliehen, wobei sich Aarau, Basel, Biel, Chur, Genf, Lausanne, Luzern, Lugano, Schaffhausen, Sion, St. Gallen und Winterthur im Zweijahresrhythmus abwechseln. Ein Blick auf die Liste der Preisträgerinnen und Preisträger zeigt, dass der Manor Kunstpreis zum internationalen Durchbruch einer ganzen Reihe von Kunstschaffenden, wie zum Beispiel Luciano Castelli (Kunstpreis Luzern 1984), Marie José Burki (Kunstpreis Genf 1993), Pipilotti Rist (Kunstpreis St. Gallen 1994) oder Lena Maria Thüring (Kunstpreis Basel 2013) beigetragen hat.

Die Preisübergabe an Dominic Michel erfolgt im Rahmen der Vernissage im Aargauer Kunsthaus am Freitag, 28. Januar 2022. Die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus dauert vom 29. Januar bis zum 24. April 2022.

Dominic Michel, geboren 1987 in Klingnau (AG), lebt und arbeitet in Zürich. 2019 Master of Fine Arts, HGK Basel; 2014 Bachelor of Visual Communication, Hochschule der Künste Bern. Neben der eigenen künstlerischen Arbeit ist Michel in verschiedenen kuratorischen Kollektiven aktiv, u.a. 2015 CoGründer, Artist-Run-Space Riverside (riverside-space.ch) und 2013 CoGründer, Artist-Run-Space FALKO, Basel.