Dirndl als kulturelle Aneignung?

In der aktuellen Ausstellung „Ware Dirndl“ des Stadtmuseums Dornbirn werden verschiedene Aspekte des „Produkts Dirndl“ ausgestellt. Unter anderem auch, welchen gestalterischen Vorgaben das Dirndlkleid und die Trachtenstoffe in der Vergangenheit unterworfen waren, wer diese Vorgaben formuliert hat und wie stark bestimmte Gruppen das „wahre“ Dirndl für sich beansprucht haben.

Am deutlichsten war die Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten, die das Dirndl und Trachten nicht nur zu „volksechten“ Kleidungsstücken erhoben, sondern Jüdinnen und Juden verboten haben, diese Kleider zu tragen. Der Vorwurf der Aneignung ist hier kompliziert und abstrus, die Aneigner:innen warfen anderen Aneignung vor – letztlich fragt man sich jedoch: Wem gehört das Dirndl?

Der Diskurs um Tracht, Kunstformen wie Musik und das Design von Kleidung und anderen Objekten ist eng mit Identitätspolitik verknüpft. Die Debatte heute ist oft verworren und nicht nachvollziehbar, medienwirksame Vorwürfe und Unverständnis dominieren. Umgekehrt versuchen kluge und abwägende Artikel zu dem Thema erst einmal zu klären, was kulturelle Aneignung überhaupt ist. Einen sehr besonnenen Beitrag hat jüngst Jens Balzer mit seiner „Ethik der Appropriation“ (2022) verfasst, in welcher er zwischen guter und schlechter Aneignung unterscheidet.

Ausgehend von der Ausstellung „Ware Dirndl“ wollen Stadtmuseum und CampusVäre – Creative Institute Vorarlberg gemeinsam mit Kultur- und Kreativtätigen den aktuell sehr häufig geführten Diskurs rund um die „Cultural Appropriation“ entwirren. Das viel diskutierte Thema wird auf regionalen Boden geholt und gemeinsam überlegt, wie weit diese Diskussionen uns betrifft oder betreffen sollten. Als Special Guests werden Anette Baldauf, Professorin für Epistemologie und Methodologie an der Akademie der bildenden Künste Wien und der Musiker und Autor Hans Platzgumer erwartet.

Am 9.3. wird um 19 Uhr in der CampusVäre von prominenten Persönlichkeiten die Frage diskutiert, ob ein Dirndl als kulturelle Aneignung gewertet werden kann. Vorab gibt es um 18 Uhr die Möglichkeit an einer CampusVührung teilzunehmen und die Hallen der CampusVäre und ihre Transformation in eine „Werkstatt zur Entwicklung der Zukunft“ näher kennenzulernen.

Anette Baldauf ist Professorin für Epistemologie und Methodologie an der Akademie der bildenden Künste Wien. In Kollaborationen mit Künstler:innen untersucht sie die Schnittstelle von Raumproduktion, Ökonomie und Gender. 2021 veröffentlichte sie ein Feature über die Geschäfte der Vorarlberger Textilindustrie mit Westafrika „Spitzen-Geschäfte. Eine Textilgeschichte in zwei Teilen.

Der Musiker und Autor Hans Platzgumer hat seit 2000 den Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens weg von der Musik hin zur schriftstellerischen Arbeit verlagert.

19 Uhr: Diskussionsrunde - Dirndl als kulturelle Aneignung?
CampusVäre – Creative Institute Vorarlberg in Kooperation mit dem Stadtmuseum Dornbirn
Special Guests: Anette Baldauf und Hans Platzgumer
Alte Schlosserei, CampusVäre, Spinnergasse 1
Abendkassa EUR 5.- (Schüler:innen und Studierende frei)

18 Uhr: CampusVührung durch die Hallen der CampusVäre
Rampe der CampusVäre, Spinnergasse 1
Eintritt frei, keine Anmeldung erforderlich

Ware Dirndl - Austrian Look von Franz M. Rhomberg
Sonderausstellung im Stadtmuseum Dornbirn verlängert bis 10. April 2023
Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Montags geschlossen
Das Stadtmuseum Dornbirn ist an Feiertagen (auch wenn der Feiertag ein Montag ist) geöffnet.