Die 80er. Figurative Malerei in der BRD

In einer groß angelegten Sonderausstellung präsentiert das Städel Museum vom 22. Juli bis 18. Oktober 2015 "Die 80er. Figurative Malerei in der BRD". Mit rund 100 Werken von insgesamt 27 Künstlerinnen und Künstlern beleuchtet die Schau jene neuartige, irritierende und überaus dynamische figurative Malerei, die sich in den 1980er-Jahren nahezu zeitgleich vor allem in den Zentren Berlin, Hamburg und dem Rheinland entwickelte. Zu sehen sind Arbeiten u. a. von Ina Barfuss, Werner Büttner, Walter Dahn, Jiří Georg Dokoupil, Rainer Fetting, Georg Herold, Martin Kippenberger, Helmut Middendorf, Christa Näher, Albert Oehlen, Salomé oder Andreas Schulze.

Die Ausstellung beleuchtet die künstlerischen Zentren der BRD – etwa den Berliner Moritzplatz oder die Mülheimer Freiheit in Köln – und macht zugleich die figurative Malerei jener Jahre in ihrer ganzen Komplexität und Differenziertheit sichtbar. Die Künstlerinnen und Künstler, die den Kunstbetrieb um 1980 mit einer ungezügelten Intensität und hohem malerischen Tempo auf den Kopf stellten, schufen figurative Bilder, die eine kritische Auseinandersetzung mit der Tradition der Malerei, den Nachkriegsavantgarden und ihrer unmittelbaren Gegenwart wagten. Die Themen entstammten in erster Linie dem unmittelbaren Umfeld der Künstler.

Der etablierte Kunstbetrieb wird dabei genauso zum Inhalt der Bilder, wie die homosexuelle Emanzipation oder die rauschende Geschwindigkeit der internationalen Club- und Musikszene, die ab Mitte der 1970er-Jahre durch New Wave und Punk vermittelt wurde. Die Protagonisten der Zeit waren dennoch alles andere als eine homogene malerische Bewegung. Vielmehr zeichnet sich die Malerei jenes Jahrzehnts zwischen Studentenrevolte und wiedervereinigtem Deutschland durch ein vielschichtiges, zum Teil widersprüchliches Nebeneinander unterschiedlicher Strömungen, Einflüsse und Befindlichkeiten aus. Die Sammlung Gegenwartskunst des Städel Museums mit ihrem spezifischen Fokus auf der Malerei nach 1945 stellt einen idealen Rahmen für die Präsentation dieser ereignisreichen Dekade dar.

Die Ausstellung möchte einen neuen, unverstellten Zugang zu einer Malerei ermöglichen, die allzu oft durch die Raster der Diskurse gefallen ist und deren Besonderheiten durch ihren – zweifellos wichtigen und prägenden – pop-kulturellen Kontext überschattet wurden. Ohne diesen spezifischen Zusammenhang zu übergehen, will die Schau einen kunsthistorischen Fokus setzen, der auch den Bezug zur Nachkriegsmalerei in den Blick nimmt. Die westdeutsche und West-Berliner Malerei der 1980er ist keineswegs losgelöst von künstlerischen Vorläufern wie Georg Baselitz, Gerhard Richter und Sigmar Polke zu sehen, von denen sie sich zugleich aber auch klar distanziert. Die Generation, die um 1980 in den Zentren Berlin, Hamburg und dem Rheinland auftrat, schuf Bilder, deren Energie, Intensität und Direktheit ihre Kunst von allem davor Entstandenen unterscheiden.

Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Ausdruckskraft wurden die Künstler der 80er Jahre von der zeitgenössischen Kunstkritik in die Nähe des deutschen Expressionismus und der französischen Fauves gerückt. Sie erhielten zahlreiche Etiketten, wie "Junge Wilde" oder "Neo-Expressionisten", und stellten selbst unter dem Schlagwort "Heftige Malerei" aus. Doch keine dieser Titulierungen konnte sich verbindlich durchsetzen, nicht zuletzt, weil es sich um eine zweifellos heterogene Bewegung handelte. Trotz der Skepsis der Kritiker feierten die Künstlerinnen und Künstler auf dem damaligen Kunstmarkt rasch Erfolge, die sich schon nach wenigen Jahren wieder relativierten. Angesichts der Schnelllebigkeit jenes ereignisreichen Jahrzehnts blieb wenig Zeit für Kunstgeschichte.

Den Besuchern der groß angelegten Überblicksschau "Die 80er. Figurative Malerei in der BRD" wird vor Augen geführt, dass die gegenständliche Malerei jener Zeit noch heute, über dreißig Jahre später, gleichermaßen fremd und vertraut erscheint. Die Ausstellung präsentiert rund 100 hochkarätige Leihgaben, darunter Werke aus Museumssammlungen, wie dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt, der Klassik Stiftung Weimar, Neues Museum Weimar oder der Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, zahlreiche private Leihgaben sowie Werke aus der Sammlung Deutsche Bank und insgesamt 14 Arbeiten aus dem Sammlungsbereich Gegenwartskunst im Städel Museum, darunter auch drei Gemälde, die 2008 im Kontext eines Konvolutes von insgesamt 600 Arbeiten aus der Sammlung Deutsche Bank ans Städel gelangt sind.


Katalog: Zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag ein umfassender, von Martin Engler herausgegebener Katalog. Mit einem Vorwort von Max Hollein und Texten u. a. von Martin Engler, Zdenek Felix, Walter Grasskamp und Franziska Leuthäußer sowie einem Podiumsgespräch mit Walter Grasskamp, Max Hetzler und Ingrid Raab. Deutsche Ausgabe, 264 Seiten, 276 Abbildungen, 34,90 Euro (Museumsausgabe).

Die 80er. Figurative Malerei in der BRD
22. Juli bis 18. Oktober 2015