David Hockney - Sieben Dekaden

In der großen Frühjahrsausstellung 2022 widmet das Bank Austria Kunstforum Wien dem britischen Künstler David Hockney erstmals in Österreich eine umfassende Werkschau.

In den Medien Malerei, Zeichnung, Grafik, Fotografie und Film erforscht Hockney die menschliche Wahrnehmung und setzt die Welt – wie er sie sieht – ins Bild. Dabei aktualisiert er die klassischen Gattungen Porträt, Landschaft und Interieur immer wieder aufs Neue.

Die Ausstellung spiegelt und reflektiert anhand von rund 125 Leihgaben aus 24 internationalen Museen und privaten Sammlungen die Schlüsselwerke Hockneys aus der Sammlung der Tate und ermöglicht somit einen Einblick in sieben Dekaden künstlerischer Arbeit.

Bilder mit Menschen

Die Beschäftigung mit der menschlichen Figur zieht sich seit Beginn des Studiums 1953 an der Bradford School of Art wie ein roter Faden durch Hockneys Werk. In seinen lebensgroßen Doppelporträts von Freundinnen und Freunden sowie Bekannten kombiniert Hockney den Formalismus der Porträtmalerei mit einer psychologischen Analyse seiner Sujets. Wie konsequent Hockney seine Auseinandersetzung mit dem Porträt bis heute fortführt, wird in der großformatigen Arbeit "In The Studio, December 2017" (2017) deutlich, die mit den Mitteln der Fotografie ein multiperspektivisches Selbstporträt des Künstlers schafft.

Das Gelobte Land

Die Ausstellung fokussiert dann auf Hockneys ab 1964 in Los Angeles entstandene Untersuchungen zur Oberfläche, Textur und Beschaffenheit von Wasser. Seine Acrylgemälde von Swimmingpools prägen bis heute die visuelle Identität der Stadt entscheidend mit. Wie experimentierfreudig der Künstler stets auf der medialen Ebene bleibt, zeigt sich in den ab 1978 entstandenen "Paper Pools", in denen er mittels gefärbter und gepresster Papiermasse seine Beobachtungen von Oberflächen, Vegetation und Lichtstimmungen festhält.

Orte erleben

Die exakte Beobachtung seiner Umgebung führt Hockney ab den 2000er-Jahren einerseits zu einer Auseinandersetzung mit Landschaften wie jener der Normandie oder des nördlichen Großbritanniens, andererseits auf der medialen Ebene zu Bildfindungen mittels iPhone, iPad und simultanen Aufnahmen mit mehreren beweglichen Kameras. Die so entstehenden "iPhone-" und "iPad-Drawings" wie auch Mehrkanal-FilmInstallationen belegen den Willen des Künstlers zur medialen Neuerfindung wie auch zur motivischen Kontinuität in seinem Werk, in dem der Fokus aktuell auf der Landschaft liegt.

Eine Verbindung von Stilen

Der Erfindungsreichtum und Stilpluralismus Hockneys ist bereits in seiner Studienzeit am Royal College of Art in London (1959–1962) auszumachen: In frühen Arbeiten wie "Tea Painting in an Illusionistic Style" (1961) oder "Flight into Italy – Swiss Landscape" (1962) lotet Hockney die Grenzen zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion aus und erhebt Alltagsobjekte wie Teepackungen zum Sujet seiner großformatigen Gemälde. Weder dem damals dominierenden Abstrakten Expressionismus noch der Pop-Art fühlt sich Hockney zugehörig. Zentrales Thema seiner frühen Arbeiten ist auch die eigene, damals noch verbotene Homosexualität, die Hockney unter anderem in den Studien zu "Doll Boy" (1960) sowie "Queen" (1961) mittels Codes und Chiffren ins Bild setzt.

Druckgrafik

So autonom Hockney stilistisch stets arbeitet, spannt er in seinen Werken ein weites Netz von Referenzen auf: In seiner frühen Radierung "Myself and My Heroes" (1961) sind neben einem Selbstporträt auch Hockneys "Helden" Mahatma Gandhi und Walt Whitman zu sehen. Begeistert von den Möglichkeiten der Druckgrafik legt Hockney seither darauf einen Schwerpunkt und sieht die Ergebnisse seiner Untersuchungen als gleichrangig und autonom gegenüber der Malerei an. In der Ausstellung sind Hockneys wichtigste Druckgrafikzyklen "A Rake’s Progress" (1961–1963) und "Illustrations for Fourteen Poems from C. P. Cavafy" (1966) zu sehen.

Raum erleben

In seinen ab 1983 entstandenen Farblithografien "Moving Focus" steht für Hockney – neben den Möglichkeiten der Druckgrafik – nun auch die Farbe im Mittelpunkt, um neuartige Raumwirkungen und Perspektiven zu untersuchen. An die Stelle von in den 1970er-Jahren porträtierten Personen treten hier Einrichtungsgegenstände. Auch die Fotografie dient Hockney hierfür als passendes Mittel: In "40 Snaps of My House, August 1990" (1990) entsteht ein Einblick in das Haus des Künstlers in Los Angeles – aus verschiedenen Blickwinkeln.

Darstellung und Wirklichkeit

Hockneys Praxis ist ein Arbeiten an und mit den klassischen Gattungen der Kunstgeschichte – stets im Bewusstsein, dass Kunst eben keine Darstellung der Wirklichkeit ist oder sein sollte, wie er selbst feststellt: "Ich will damit sagen, dass wir in Wirklichkeit nicht sicher sind, wie die Welt aussieht. Furchtbar viele Leute meinen, wir wissen es, ich aber nicht." Selten in der Kunstgeschichte führte ein Nichtwissen zu einer produktiveren künstlerischen Suche nach möglichen Antworten, welche die Ausstellung anhand von Schlüsselwerken nachzeichnet.

David Hockney: Insights
Reflecting the Tate Collection
10. Februar 2022 bis 19. Juni 2022