Dagmar Chobot Skulpturenpreis 2022 für Judith Fegerl

Der diesjährige "Dagmar Chobot Skulpturenpreis" geht an die 1977 in Wien geborene Objekt- und Installationskünstlerin Judith Fegerl. Die Auszeichnung, die mit Euro 10.000 dotiert ist, soll die vielfältigen Präsentationen, in der die Künstlerin die Schnitt- und Anschlussstellen von Technik und Körper, Technologie und Bewusstsein, anorganischer und organischer Materie sowie das Potenzial von Energie sichtbar macht, würdigen, so die Begründung der Jury. Neben Judith Fegerl waren auch Manfred Erjautz, Karin Frank, Thea Moeller und Liesl Raff für den "Dagmar Chobot Skulpturenpreis 2022" nominiert.

Fegerls Skulpturen, architektonische Interventionen und Raumzeichnungen verhalten sich wie Speicherorte unsichtbarer Energie, so die Jury. Ihr "Co-Laborieren mit einer unsichtbaren Kraft", wie Fegerl ihre Strategie in der Handhabung von Strom beschreibe, fordere die Substanz des Ausstellungsraumes heraus – oftmals mit unvorhersehbaren Ergebnissen. Ihre Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Phasen der Erzeugung, der Verteilung und der Speicherung von Energie verweisen dabei auf die Elektrizitätsabhängigkeit des Menschen – einen auf vielen Ebenen spürbar werdenden Spannungszustand, den die Künstlerin in die klassischen Leiter Aluminium, Kupfer und Messing übersetzt und geschickt in ein energetisches Gleichgewicht zu bringen versucht, heisst es weiters. Wobei sich die Werke mancherorts ungeniert an den vorherrschenden Ressourcen bedienten, indem sie etwa die Stromquellen des Ausstellungsortes anzapften, oder sie würden sich gänzlich aus unserer Kontrolle lösen und autark funktionieren.

"Judith Fegerl wirft zentrale Fragen des Anthropozäns auf, insbesondere inwiefern sich das Verhältnis zwischen Mensch und Technologie wandelt und welche Spuren Energie in unserem Leben hinterlässt. So bietet ihr photovoltaisches 'End-of Life'-Szenario 'Sunset' (2021/22) nicht nur faszinierende Detailansichten auf die gewebeartigen Strukturen von Solarpaneelen und deren schillerndes, polykristallines Silizium, sondern macht zudem die Folgen ihres jahrzehntelangen Einsatzes als Stromerzeuger sichtbar. Mit der Werkserie verdeutlicht Fegerl unsere Anstrengungen, der Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas zu entrinnen und erweitert den Skulpturenbegriff um einen alternativen Zustand. Diese Faszination am Wesen der Energie verdeutlicht sich in einer Vielzahl skulpturaler Arbeiten, etwa, wenn Judith Fegerl Stromleitungen kontrolliert überlastet und mit deren glühend heißem Draht Brandspuren auf Galeriewände zeichnet (cauter, seit 2012), oder wenn sie schwere Edelstahlplatten einem galvanischen Bad und somit einer elektrochemischen Transformationen unterzieht (series of electric shocks, 2021). Immer gilt: das eigentliche Objekt ist niemals (nur) das, was man sieht. Es ist das, was zwischen den Platten, Stäben und Stromleitern passiert, was Judith Fegerl antreibt und, wie Martin Kugler bezeichnend zusammenführt: 'Ihr Werk ergibt sich aus der Kombination des Potenzials, das in der Energie steckt und den physischen Artefakten, in denen diese Kräfte wirksam werden.'"

Zur Person:
Judith Fegerl kam 1977 in Wien zur Welt. Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien, Klasse Peter Kogler und Birgit Jürgenssen sowie an der Universität für angewandte Kunst Wien, Klasse Karel Dudesek, Thomas Fürstner und Peter Weibel. Sie lebt und arbeitet in Wien.

Zum Dagmar Chobot Skulpturenpreis:
Die Auszeichnung wurde 2016 von der Wiener Galeristin Dagmar Chobot und der Stiftungspartnerin Bildrecht, der Urheberrechtsgesellschaft für bildende Kunst, ins Leben gerufen. Die Auszeichnung geht an eine:n zeitgenössische:n Bildhauer:in, die/der in Österreich lebt und arbeitet. Als erster Preis seiner Art in Österreich ist er explizit dem Medium Skulptur gewidmet und berücksichtigt neben klassischen Zugängen auch experimentelle Ansätze und Installationen. Der Preis unterliegt keiner Altersbeschränkung. Bisherige Preisträger:innen: 2020 Constantin Luser, 2019 Anne Schneider, 2018 Roman Pfeffer, 2017 Sofie Thorsen, 2016 Angelika Loderer.