Anlässlich ihres 40. Jahrestages blickt die Kunsthalle Tübingen auf ihre Geschichte zurück. Bevor das Ausstellungshaus durch große Publikumserfolge zur klassischen Moderne seinen legendären Ruf erhielt, dominierten Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst das Programm. Diese beiden Schwerpunkte werden nun in zwei aufeinander folgenden Jubiläumsausstellungen einzeln gewürdigt.
Als die Kunsthalle Tübingen 1971 von Paula Zundel und Margarethe Fischer in Gedenken an den Maler Georg Friedrich Zundel eröffnet wurde, war nicht absehbar, dass sie sich eines Tages zu einem der beliebtesten und bekanntesten Ausstellungshäuser entwickeln würde. Nachdem in den ersten zehn Jahren hauptsächlich herausragende künstlerische Positionen der Gegenwart präsentiert wurden, nahm ab 1982 eine Entwicklung ihren Anfang, die in den Medien häufig als "Wunder von Tübingen" beschrieben wurde. Immer häufiger bereicherten nun Ausstellungen zur klassischen Moderne das Programm.
Die Aquarelle von Paul Cézanne zogen erstmals weit über hunderttausend Besucher in die Kunsthalle am Rande der Universitätsstadt. Ein noch größerer Publikumsmagnet konnte zwei Jahre später mit Pastellen und Ölskizzen von Edgar Degas erzielt werden. In den darauf folgenden Jahren und Jahrzehnten wiederholten sich diese Erfolge etliche Male, so mit Werkpräsentationen von Pablo Picasso, Henri de Toulouse-Lautrec oder Henri Rousseau. Die jeweils weit über 400.000 Besucher der Gemäldeschauen von Paul Cézanne 1993 und Auguste Renoir 1996 bildeten die Höhepunkte einer Periode, die mit gutem Recht "Ära Adriani" benannt wurde.
Das von dem langjährigen Kunsthallendirektor Götz Adriani von 1971 bis 2005 geprägte Ausstellungsprogramm zeichnete sich durch den hohen wissenschaftlichen Qualitätsstandard und den Wechsel zwischen zeitgenössischer Kunst und klassischer Moderne aus. Zu Adrianis besonderen Verdiensten zählt es, die französische Kunst als Schrittmacher der internationalen Moderne dem deutschen Publikum nahe gebracht zu haben. Für viele der in Frankreich wirkenden Meister des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts organisierte er die hierzulande erste Einzelausstellung.
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Kunsthalle Tübingen wird nun ein Extrakt dieser Ausstellungsereignisse präsentiert - und damit ein bedeutender Entwicklungsschritt der Kunstgeschichte in einer einzigartig verdichteten Ausstellung erlebbar gemacht. Den auftaktgebenden Schwerpunkt der Schau bilden Hauptwerke von Paul Cézanne (1839-1906), der als Impulsgeber der Moderne zu gelten hat. Seine Landschaftsbilder, Porträts und Stillleben inspirierten eine Bewegung, die von der impressionistischen Wirklichkeitstreue wegführte, hin zu einer freien Komposition von Linien, Flächen und Farben.
Zudem ist Edgar Degas (1834-1917) in der Ausstellung vertreten, dessen Tänzerinnen-, Dirnen- und Landschaftsbilder ebenfalls am Anfang der postimpressionistischen Entwicklung stehen. Überdies sind Auguste Renoirs (1841-1919) Bilder mondäner Lebensfreude ebenso wie Henri de Toulouse-Lautrecs (1864-1901) malerische Porträts der Belle Époque präsent. Ein Landschaftsbild des Postimpressionisten Henri Rousseau (1844-1910) ergänzt die umfangreiche Epochenschau, die ihren Abschluss in einer bedeutenden Gruppe von Arbeiten Picassos aus den Jahren zwischen 1898 und 1971 findet.
Cézanne Renoir Picasso & Co.
40 Jahre Kunsthalle Tübingen
Ära Adriani I
17. September 2011 bis 29. Januar 2012