Betrachtungen sind Ansichtssache

Er hat einen siebten Sinn für den schmalen Grat zwischen Kunst und Alltag, Leben und Design. Sein künstlerischer Kosmos schöpft formal, inhaltlich und konzeptuell aus der Welt des Industrie- und Werbedesigns, der Konsum- und Warenwelt. Ralph Künzler nutzt Gebrauchsobjekte und Instrumente unserer alltäglichen Verrichtungen, Haushaltswaren und elektrische Gerätschaften, Fortbewegungsmittel, Aufbewahrungsutensilien, Kleidungsstücke und Mobiliar, Signets, Patentnummern und Markenlabel als motivisches Reservoir und Inspirationsquelle zur Entwicklung seiner skurrilen Objekt-Skulpturen und Bild-Collagen.

Die Begegnung mit Ralph Künzlers Arbeiten bereitet Vergnügen. Immer kristallisieren sich in diesen Liebhaberstücken Sehnsüchte, Wünsche, Standards und Klischees in unzähligen Bezügen, metaphorischen Querverweisen und fließenden Übergängen zwischen Ready-Made, Bauhaus und Dada. Als Ingenieur skurriler Weltversionen schreckt er nicht davor zurück, das Kuriositätenkabinett seiner verführerisch irritierenden Entwürfe um weitere Raritäten aus Gesellschaft und Warenproduktion zu ergänzen.

So treten im Sinne eines Gesamtkunstwerkes zu den Designgeräten auch Bildcollagen, Multiples, Miniaturserien und Buchobjekte, mit denen Ralph Künzler die Fetischisierung der Konsumgüter ironisiert und umdeutet. So entwirft er einen Satz interaktiver Roboter, eine Strickkollektion aus Pullunder, Pudelmützen, Hot-Pants und Strapsen, ein eigenes Firmenlogo, eine Bibliothek und eine neue Partei mit passendem Spendenbuch.

Ralph Künzler zerlegt, montiert und wertet um. Mit der Findung, Aufdeckung und Erfindung ambivalenter Geschichten und mit dem gekonnten Umgang mit sprachlicher Bedeutungsvielfalt bringt Ralph Künzler einen gänzlich eigenen Kosmos an unbrauchbar Notwendigem hervor. Das Museum Villa Rot präsentiert seine erste retrospektive Einzelausstellung. Sie wird ergänzt durch neue ortsbezogene Arbeiten, die auf die Räumlichkeiten des Ausstellungshauses sowie dessen Geschichte reagieren.

Ralph Künzler - Betrachtungen sind Ansichtssache
30. März bis 22. Juni 2014