"Basically" - Der Ausstellungsraum als hybrider Produktions- und Spielort

"Basically" ist ein fortlaufendes performatives Projekt von Nikima Jagudajev. Das Projekt begreift den Ausstellungsraum als hybride Produktionsstätte und Spielwiese, als Kontext zum Ausprobieren, Üben und Performen. Vier Darsteller:innen sorgen für die Einhaltung der Spielregeln und beziehen die Besucher:innen sichtbar und unsichtbar ein.

Die Arbeit entsteht entlang der formalen Spielregeln, aber ebenso aus den subjektiven Interpretationen, die aus den Interaktionen mit und zwischen den teilnehmenden Künstler:innen und den Besucher:innen erwachsen.

Was im mumok erlebt werden kann, ist nur ein Moment in einem Langzeitprojekt, das sich über einen längeren Zeitraum entfaltet. Zentrales Element ist ein Aufnahmestudio. Hier sitzt der Produzent und entwickelt das nächste Album mit dem Titel "Whatever".

Für die Entwicklung einer präfigurativen Praxis namens "Re-Schooling" hat sich Jagudajev von der spielerischen Art und Weise inspirieren lassen, mit der Schüler:innen das Erziehungssystem unterlaufen. Einige der kreativsten und intimsten Elemente unserer Schulzeit - wie selbstorganisiertes Spielen, Flirten oder das heimliche Weiterleiten von Nachrichten - sind nicht Teil des Lehrplans, finden aber dennoch innerhalb der Institution statt. In "Basically" enthält der Ausstellungsraum - verstanden als Architektur und Institution - eine solche Welt, in der andere Dinge passieren als erwartet: Essen und reden, Kleider nähen und Musik machen. Und dabei heimlich ein Spiel spielen.

Der fortlaufende, sich ständig weiterentwickelnde Charakter der Arbeit ist ein zentraler Aspekt von Basically. Jede neue Komponente - z.B. die Stadt oder der jeweilige Ort, an dem das Projekt stattfindet, das Team, seine Interessen und Talente, das, was im Raum installiert ist - fügt der Konstellation unweigerlich etwas hinzu und schafft sie gleichzeitig von Neuem. Auch die Besucher:innen werden Teil dieses pulsierenden Ökosystems - und damit ist auch gemeint, dass sie jeweils unterschiedliche Aspekte der Arbeit erleben, je nachdem, wann sie im Raum sind.

Basically bricht mit der traditionellen Rolle des Museums und wendet sich gegen die westlich-konservative Geschichte des White Cube als sicheren Raum für ein Publikum aus der weißen oberen Mittelschicht: ein Ort, an dem dieses Publikum seine Sehnsucht nach Kultur stillen kann; ein Ort, an dem es etwas sehen kann, das von Bedeutung ist; ein Ort, an dem es an kontroversen Happenings teilnehmen kann, in der Vergangenheit und in der Gegenwart, ohne persönlich involviert zu sein. Der White Cube folgt einem weißen, westlichen Modell und hat die Mehrheit der Menschen vor Augen, die diese Räume frequentieren. Das gilt auch für soziale Konventionen und Codes, für die Art und Weise, wie gewohnheitsmäßige Handlungen zur Norm werden, wie sie wiederholt werden und damit Erwartungen verfestigen, wie man sich zu verhalten hat. Zu diesen Codes gehört es, Kunst schweigend zu bezeugen, sie als etwas vom eigenen Körper Getrenntes wahrzunehmen, das nicht berührt werden darf. Essen und Trinken sind verboten. Man soll eine respektvolle Distanz wahren und die Kunst betrachten. Es gibt nur wenige ausgewiesene Sitzgelegenheiten, und auch diese sind weit verstreut. Hier ist kein Platz für Unordnung, für den deutlich vernehmbaren Ausdruck von Gefühlen, für die Begegnung mit Fremden. Kunst kann unordentlich sein, aber sie ist kontrolliert, die Betrachter:innen sind sicher.

Das Projekt von Nikima Jagudajev möchte dagegen etwas Unordentliches und Zugängliches vorschlagen, etwas, das die Besucher:innen umschließt: unkontrollierbar und spontan, offen für Ansteckung. Durch die Choreografie eröffnet Jagudajev eine andere Möglichkeit, sich im White Cube zurechtzufinden, eine andere Art, sich mit der Kunst zu verbinden, und das heißt: sie nicht als etwas zu begreifen, von dem wir getrennt sind, sondern als eine integrative Praxis des Zusammenseins. Das gilt gleichermaßen für Besucher:innen und Performer:innen. Ein Ziel der Ausstellung ist es, eine neue Form des zivilen Engagements zu fördern, eine präfigurative Praxis, die Ansteckung in der unerwarteten Begegnung bereithält.

Nikima Jagudajev. Basically
30. August bis 27. Oktober 2024