Ausstellungs-Triple in der Wiener Secession

Die israelische Künstlerin und Filmemacherin Yael Bartana verhandelt in ihren Arbeiten geltende soziale Rituale und Strukturen im Allgemeinen sowie Fragen nach der kulturellen Identität ihres Geburtslandes, seiner historischen Konstruktion und den daraus resultierenden Spannungen und Konflikten im Besonderen. In der ihr eigenen poetischen Weise erzeugt sie eine Balance zwischen Faktischem und Erfundenem, Dokumentation und Propaganda, um mit einem ironischen Unterton Gewissheiten zu untergraben, Symbole auf den Kopf zu stellen und multiple neue Bedeutungen zu eröffnen.

2007 rief Bartana die Jewish Renaissance Movement in Poland (kurz: JRMiP) ins Leben, gleichermaßen politische Bewegung wie künstlerisches Projekt, die zur Rückkehr von 3,3 Millionen Juden in das Land ihrer Vorfahren aufruft. Zwischen Wirklichkeit und Fiktion oszillierend und an die kollektive politische wie gesellschaftliche Vorstellungskraft appellierend haben sowohl die JRMiP als auch die um deren Aktivitäten kreisende Filmtrilogie And Europe Will Be Stunned international für Diskussionen gesorgt und Anerkennung erlangt. Bartana zeigte die komplette Filmtrilogie erstmals 2011 – Polen repräsentierend – auf der 54. Biennale in Venedig.

Im Mai 2012 fand der erste internationale Kongress der JRMiP in Berlin statt. Die drei Tage währende Veranstaltung diente als Forum, um notwendige gesellschaftliche und politische Veränderungen in der EU, in Polen und in Israel zu diskutieren, um der Rückkehrforderung der JRMiP adäquat begegnen zu können und lud ein, diese Utopie kollektiv zu imaginieren. Der zum Kongress entstandene Film soll in der Secession zum ersten Mal gezeigt werden und zum Weiterdenken bereits ins Rollen gebrachter Ideen sowie zur Entstehung neuer Perspektiven anregen.

Yael Bartana, geboren 1970 in Kfar Yehezkel (IL), lebt und arbeitet in Tel Aviv (IL) und Amsterdam (NL).

Fiona Rukschcio thematisiert in ihren Filmen, Collagen und Projekten weibliche Rollenzuweisungen, fremde und eigene Identitätsentwürfe sowie emotionale Grenzerfahrungen. Indem sie Recherche- und Dokumentationsmaterialien mit ihren subjektiv aufgeladenen Wahrnehmungen kombiniert, entwickelt sie eine heterogene visuelle Sprache, in der Archivmaterial und Alltagsästhetik aufeinandertreffen.

Für die Secession hat sie einen neuen Film produziert, der auf Yoko Onos und John Lennons Film "Rape" von 1968 basiert. Die filmische Vorlage, in der eine junge Frau vom Kameramann durch die Londoner Innenstadt und in ihrer Wohnung verfolgt wird, hat Rukschcio mit den exakt gleichen Kameraeinstellungen an den Originalschauplätzen nachgedreht, jedoch ohne Protagonistin. Durch diese Verschiebung eröffnen sich eine Reihe von Fragen nach dem Zusammenhang von Kamerasprache, Blickregime, Gewalt, aber auch nach Orten als kollektive Speicher von Erinnerungen.

Fiona Rukschcio, geboren 1972 in Wien, lebt und arbeitet in Wien.

Liz Deschenes Fotografien sind konkret, selbstreflexiv und gleichzeitig geheimnisvoll. Deschenes verweist auf die Autonomie der Fotografie als künstlerisches Medium jenseits tradierter Aufgaben und Nutzungen. Seit einigen Jahren produziert sie fast ausschließlich Fotogramme – kameralos erzeugte Bilder –, deren Oberflächen die Spuren der Bearbeitung sowie der chemischen Behandlung tragen. Im Dialog mit Malerei, Skulptur und Architektur lotet Deschenes die Grenzen der Fotografie aus, stets in engem Bezug zur Fotografiegeschichte. Mit subtilen räumlichen Interventionen und ortsspezifischen Fotoinstallationen setzt sie sich in jüngster Zeit vermehrt mit den Bedingungen des Ausstellens auseinander und bietet den BetrachterInnen die Möglichkeit, nicht nur herkömmliche Sichtweisen von Fotografie, sondern auch die eigenen Sehgewohnheiten zu hinterfragen.

Liz Deschenes (*1966 in Boston) lebt und arbeitet in New York.

Yael Bartana - Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum
Fiona Rukschcio - retaped Rape
Liz Deschenes

7. Dezember 2012 bis 10. Februar 2013
Eröffnung: 6. Dezember 2012, 19.00 Uhr