Die Halle für Kunst Steiermark zeigt die erste umfangreiche institutionelle Ausstellung von Katherine Bradford in Europa und damit eine der wesentlichen Positionen der aktuellen US-amerikanischen Malerei.
Es werden fünfzehn zentrale Arbeiten der letzten Dekade aus New Yorker Sammlungen präsentiert, wobei die Künstlerin auch einen eigens für die Ausstellung produzierten Werkzyklus aus dreiundzwanzig neuen Bildern zeigt. In ihren prägnanten Arbeiten entwickelt Bradford seit Jahrzehnten eine sehr persönliche und darin fortlaufende Geschichte um Malerei, die sie in Varianten immer wieder neu und anders erzählt, um sie gerade in den letzten Jahren auf eine bislang ungesehene Ebene des Zusammenspiels von Form, Farbe und Licht hin zu "ihren" geheimnisvoll präsenten Körpern zu heben. In der Darstellung dieser rätselhaft anwesenden, selbstbestimmten Körper und ihrer ausdrucksstarken Stellungen, seien sie stehend, sitzend, liegend oder schwebend, kommt es zu einer verblüffenden Vereinfachung auf etwas Wesentliches: Auch nach ihrer langen und wechselvollen American Odyssey bleibt Katherine Bradford eine Menschenfreundin und lässt uns daran teilhaben. Ihre Kunst steht für einen unbändigen und darin kritischen Humanismus, an den in komplexen Zeiten wie diesen zu erinnern ist.
Malerei ist nach wie vor das Medium der Kunst und ihrer Krisen. An keinem anderen Medium lässt sich die zyklische Entwicklung der Aufmerksamkeit auf Kunst und der Entwicklungen des Kunstbetriebes besser ablesen. Interessanterweise hat sich im letzten Jahrzehnt eine ganze Riege an vornehmlich US-amerikanischen Künstler:innen hervorgetan, die an die Spitze eines neuen Interesses an Malerei zu stellen sind, um ihren zuvor lange dominanten, meist männlichen Kollegen sukzessive den Rang abzulaufen. Auffällig viele dieser auch für Bradford wichtigen Künstlerinnen erlebten ihre heute umso stärkere Anerkennung erst relativ spät, wie beispielsweise Judith Bernstein, Mary Heilmann, Rebecca Morris oder Amy Sillman. Einige konnten ihre internationale Rezeption nur mehr teilweise oder persönlich gar nicht mehr erfahren, wie Lee Lozano, Joyce Pensato, Rose Wylie oder auch Maria Lassnig, deren New Yorker Zeit für ihre Malerei prägend war. Ihre Einflüsse sind auch in einer jüngeren Generation um Ana Benaroya, Katherine Bernhardt, Nicole Eisenman und Christine De Miguel spürbar.
Aus dieser prägenden Szene von Künstler:innen aus vornehmlich New York und Los Angeles sticht Katherine Bradford hervor, die seit ein paar Jahren in den USA und nunmehr mit 81 Jahren auch den internationalen Durchbruch geschafft hat. Zugleich sind jene Verbindungen von fundamentaler Bedeutung für Bradfords eigene "American Odyssey": der Umzug von Maine nach New York City war mit einer ganz persönlichen Transformation verbunden, da sie Teil einer Artist Community wurde. Ihren nun zwanglosen, souveränen und zuversichtlichen Werken ging auch eine private Suche und Positionierung im Feld der Malerei voraus. Arbeitete sie zunächst abstrakt, fand sie mit der Zeit zum Figurativen; von Superheld:innen zu Schwimmer:innen und überlebensgroßen, sich aus Farbflächen konstituierenden Körpern. Bradford interessiert sich für Gemeinschaften und ihr Zusammenspiel, ohne das Individuum und das Persönliche zu vernachlässigen, sie plädiert für Diversität und das Überwinden überkommener Grenzen jenseits von Race, Class und Gender. Ihre Körper sind ähnlich Passformen, in die man sich hineindenken kann. Narration ist dabei offensichtlich angelegt, wird aber in sich gebrochen, verwahrt sich dagegen explizit zu werden und hält in ihrer Anmutung letztlich am Rätselhaften fest. Bewegung und Raum sind wesentlich, bleiben aber auf das Bild und damit die Leinwand begrenzt. Dies schafft Bradford durch das Verweben von Figuration und Abstraktion, das in der Reduktion des Dargestellten liegt, um gerade deshalb das für sie Essentielle zu erfassen. Farbe gilt als keine Flüssigkeit, ist vielmehr Substanz. Technisch ist die Künstlerin schon länger von Öl auf Acryl übergegangen, was ihre besondere Aufmerksamkeit auf Farbe und ihre Körper unterstützt, womit sich malerische Raffinesse um Strich, Fläche und Schraffur hervorheben lässt. Besonders ist schließlich ihr Umgang mit Licht, sie lässt ihre Figuren aus sich selbst heraus leuchten.
Katherine Bradford
American Odyssey
Bis 19. Mai 2024